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Alexander Kusserow

Ein Mann mit wahrem Gründergeist. Nach der eigenen Werbeagentur rief er 2012 Getränkefeinkost ins Leben. Verkauft werden ausschließlich exklusive Limonaden und Biere. An einem kalten Vormittag im Januar sprechen wir im hinteren Bereich seines Ladens über Szenegetränke, was einen Feinschmecker ausmacht und wie er durch dunkle Biere auf den Geschmack von Espresso gekommen ist.

Interview und Fotos: Maximilian B. Lesch

In welchem Land hast Du das beste Getränk Deines Lebens gekostet?
Ich habe schon sehr viele, sehr gute Getränke genossen. Das Erlebnis, das mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, war in Chioggia bei Venedig. Dort war ich auf einem Fischfest und an einem Stand wurde Prosecco vom Fass serviert, in Ein-Liter-Pitchern. Sensationell.

Achtest Du sehr auf die lokalen Getränke, wenn Du auf Reisen bist?
Auf jeden Fall, manchmal plane ich Reisen auch gleich in dieser Richtung. Ich besuchte einmal einen Kunden in Schweden, den ich selbst beliefert habe. Er hatte einen bis oben hin mit den schrägsten Limonaden vollgestopften Getränkeladen. Da gab es alles von Gurkenlimos bis hin zu amerikanischen Getränken wie Vanille-Limo. Meine nächste Tour plane ich nach Asien, wo ich mich dann mit jemandem treffen werde, der deutsche Biere importieren will. Es wird also immer genetzwerkt in der Getränkebranche.

Woher stammt Deine Leidenschaft für Limonade?
Als Kind wurde bei uns daheim nur Wasser getrunken, manchmal Apfelschorle. Aber Cola oder Limonade waren nicht üblich. Als ich dann meine erste Coca-Cola probierte, war das seltsamerweise gar nicht so mein Ding. In Hamburg habe ich irgendwann eine Premium Cola probiert, wirklich etwas ausgefallenes. Dieses Getränk hat mich dann dazu inspiriert, mich immer weiter durchzuprobieren. So hat das Ganze angefangen. Wenn man dann einmal in die Tiefen eingetaucht ist, dann ist es verdammt schwer, da wieder rauszukommen.

2016 bist Du bei Deiner Werbeagentur hummelt und kusserow ausgestiegen, um Dich nur noch auf Getränkefeinkost zu konzentrieren. Fehlt Dir manchmal die Arbeit aus der Agentur?
Nicht wirklich. Eigentlich war das eine sehr gute Vorbereitung auf das, was ich jetzt mache. Als kleiner selbstständiger Unternehmer kannst du deine Kreativität soweit du es möchtest, ausbauen. Wenn ich etwas im Laden ändern will, mache ich das einfach. Außerdem war ich nie jemand, der gerne vor dem Computer sitzt. Auch damals in der Agentur verstand ich mich mehr auf den Kundenkontakt. Die Webseite für Getränkefeinkost hat übrigens meine ehemalige Agentur programmiert. Wir sind schließlich Nachbarn und sehen uns auch immer noch häufig.

Was wolltest Du als Kind später mal werden?
Ich wollte schon immer meine eigene Firma haben. Allerdings wollte ich auch Archäologe werden. Mich hat das schon immer fasziniert. Mein Vater hat einmal einen Bausatz für einen Metalldetektor gekauft, mit dem sind wir dann manchmal losgezogen, um Schätze zu finden. Natürlich wurde das nie was. Dieses Suchen und Finden fasziniert mich bis heute. Irgendwann wurde mir allerdings klar, dass es schwierig werden würde, als Archäologe einen längerfristigen Job zu finden. Und nun bin ich hier. Die Zeit, mit einem Metalldetektor herumzulaufen, habe ich zwar heute nicht mehr, aber ich sammle alte Flaschen. Manchmal fahre ich ein oder zwei Stunden irgendwohin und suche an historischen Orten nach ausgefallenen Flaschen. Im Getränkefeinkost Stadtfeld haben wir eine riesige Vitrine hingestellt, in der all diese Sachen, die ich so im Laufe der Zeit gefunden habe, ausgestellt werden.

Inter.Vista, Getränkefeinkost, Foto: Maximilian B. Lesch

Inter.Vista, Getränkefeinkost, Foto: Maximilian B. Lesch

Ihr habt seit 2014 auch eine Filiale in Berlin. Dass in Szene­-Vierteln wie Friedrichshain ein Laden wie dieser gut ankommt, kann man sich denken – aber wieso funktioniert es auch hier in Magdeburg?
Die Leute denken immer, dass so etwas in Berlin perfekt reinpasst. Aber ich finde, es funktioniert viel besser in kleineren Städten. In den Großstädten gibt es bereits ein breites Angebot an einfach allem. Während man dort also irgendeine Nische suchen muss, kann man hier in Magdeburg noch richtig auffallen.

Was schätzt Du an Magdeburg, was Berlin nicht hat?
Das Nachbarschaftliche. Berlin ist wirklich cool, wenn du jung bist und was erleben willst, aber hier gibt es mehr Struktur, Ordnung und eben die Nachbarschaft. Außerdem die kurzen Wege: du steigst aufs Rad und bist in maximal 20 Minuten bei einem Freund. Ich mag einfach die Stadt, die Architektur, die Elbe und dass es hier nicht so überlaufen ist. Ich merke auch, dass immer mehr Leute nach dem Studium hierbleiben oder sogar wieder zurück kehren. Das gefällt mir sehr gut. 

»Dieser Mehrwegkreislauf ist schon ganz schön gaga.«

Was fehlt Magdeburg noch?
Ein besseres Angebot an Restaurants. Es wird zwar langsam besser, aber für jemanden, der gerne mal etwas ganz Aufgefallenes probiert, gibt es hier noch nicht viel zu holen. Es fehlt auch an Bars, die hochwertige Getränke anbieten. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben.

Zurück zu Deiner Leidenschaft. Was ist Dein Lieblingsgetränk? Alkoholisch? Nicht­-alkoholisch?
Das kommt immer auf die Situation an, privat trinke ich leidenschaftlich gerne Schaumwein. Wenn es alkoholfrei sein soll, dann Premium Cola, einfach weil es eine großartige Cola ist und weil ich das Konzept und die Werte, die hinter diesem Produkt stehen vertreten kann.

Warum gibt es bei Dir zum Beispiel keine Bionade? Zu ›mainstream‹?
Grundsätzlich haben wir hier nichts gegen mainstreamige Getränke, wenn sie kultig sind und der Hintergrund stimmt. Zum Beispiel Club-Mate – der Megatrend. Das ist meiner Meinung nach absolut kein guter Mate-Tee, aber weil es ein Produkt einer kleinen Privatbrauerei ist, führe ich es weiterhin. Bionade hat sich an einen Großkonzern verkauft, das ist für mich dann ein Grund, dieses Produkt abzulehnen. Ich möchte lieber kleinere Hersteller unterstützen, sonst ist der Laden voll mit Zeug, das alles in der Hand von Dr. Oetker, Nestlé oder Unilever ist. 

Was glaubst Du, was nach dem Mate-­Tee das nächste hippe Getränk werden wird?
Matcha entwickelt sich extrem in diese Richtung. Und auch Eistees sind wieder im Kommen, vor allem weniger süße, die wirklich auf Tee basieren. Insgesamt geht der Trend in Richtung weniger Zucker und weniger süß, das ist spürbar.

Inter.Vista, Alexander Kusserow, Foto: Maximilian B. Lesch

Inter.Vista, Alexander Kusserow, Foto: Maximilian B. Lesch

Wie sieht der Prozess bei Deiner Auswahl von Getränken aus, die ins Sortiment kommen sollen?
Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal kommen die Hersteller auf uns zu und manchmal gehen wir auf die Suche. Die Frage ist immer, ob es auch logistisch machbar ist, manche Sachen zu beschaffen, die wir gerne hier hätten.

Was sind die Kriterien dafür, dass etwas bei Dir im Regal stehen darf?
Kriterium Nummer eins ist, dass es schmeckt. Rein optisch muss es auch ansprechend sein. Die Erfahrung sagt, dass ein Produkt nur dann funktioniert. Wichtig ist uns auch, dass wir die Zutatenliste vertreten können. Ein weiterer Punkt ist die Herkunft, die bestmöglich konzernunabhängig ist. Und natürlich müssen es Mehrwegflaschen sein, in denen die Getränke verkauft werden. Wir achten sehr darauf, dass es möglichst die gleichen Flaschenformen sind, die verwendet werden. Denn es ist oft so, dass viele verschiedene Formen später bei der Sortierung dann einfach weggeworfen werden, obwohl es Mehrwegflaschen sind. Einfach wegen der Bequemlichkeit. Dieser Mehrwegkreislauf ist schon ganz schön gaga. 

»Ich habe nie das Gefühl, dass das hier wirklich Arbeit ist, weil ich die ganze Zeit Dinge tue, die ich sowieso gerne mache.«

Dein Laden heißt Getränkefeinkost. Würdest Du Dich als Feinschmecker bezeichnen?
Was ist schon ein Feinschmecker? Ich würde das nicht so definieren, dass man nur gute oder besondere Sachen isst und trinkt. Ein Feinschmecker ist jemand, der gerne Dinge probiert und seinen Gaumen schult und weiterbildet. So gesehen: ja, ich würde mich so bezeichnen. Aber ich habe auch gegen konventionelle Produkte nichts.

Findet man bei Dir zu Hause im Kühlschrank auch mal ganz klassisch eine Fanta
Eher selten, aber manchmal schleicht sich dann doch mal eine stinknormale Cola in der Glasflasche mit ein. Ansonsten ist da aber schon zum Großteil Getränkefeinkost drin.

Wie wurdest Du zum Bierkenner?
Früher mochte ich überhaupt kein Bier, es war mir einfach zu bitter. Vor circa sechs Jahren habe ich dann im Laden ein abgelaufenes Pale Ale gesehen und, weil ich es nicht wegkippen wollte, eben ausgetrunken. Ich war überrascht, wie fruchtig und interessant es schmeckte und das war dann mein Schlüsselerlebnis. Danach habe ich angefangen, mich durchzuprobieren. Im Winter trinke ich gern dunkle Biere, die haben wundervolle Röstaromen. Witzigerweise habe ich auch nie Kaffee gemocht, bin allerdings über diese dunklen aromatischen Biere auf den Geschmack von Espresso gekommen, den trinke ich jetzt regelmäßig. Es ist wirklich kurios, wie man seine Vorlieben und Leidenschaften weiterentwickelt und wohin einen das führen kann. Mein nächster Plan ist, den Diplom-Biersommelier zu machen. Dann kann ich den Leuten, die hier in den Laden kommen, noch mehr erzählen und sie an gute Biere heranführen.

2017 gaben die deutschen Haushalte 20,4 Milliarden Euro für alkoholfreie Getränke aus. Das sind circa 40 Euro im Monat. Hebst Du Dich von diesem Durchschnitt ab?
Schwer zu sagen. Zum Glück bekomme ich viele Proben und auch einiges geschenkt. Würde ich für alles zahlen, was ich so trinke, dann wäre das echt teuer. (lacht) Ich vermute, dass alle meine Kollegen über diesem Durchschnitt liegen und ich sicher auch.

Ein Getränkehandel lebt auch von der Zusammenarbeit mit der Gastro nomie. Beliefert Ihr Bars oder Restaurants in Magdeburg?
Ja, wir beliefern einige Gastros hier in Magdeburg. Ungefähr 50 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit der Gastronomie. Wir beliefern Bars, Clubs und auch viele Büros, vor allem in der IT-Branche. Und da gibt‘s dann wirklich alles, vom Techno-Club über kleine Kaffee- Bars, Start-Ups, Tattoo-Studios bis hin zu Firmen.

Inter.Vista, Getränkefeinkost, Foto: Maximilian B. Lesch

Inter.Vista, Getränkefeinkost, Foto: Maximilian B. Lesch

Hast Du einen Geheimtipp für unsere Leser, wo man in Magdeburg mal gewesen sein sollte?
Es gibt da einen schönen Laden, der sich Getränkefeinkost nennt. (lacht) Es gibt wirklich viele schöne Orte hier in der Stadt. Der Aussichtsturm im Stadtpark neben der Stadthalle ist wirklich zu empfehlen und auf jeden Fall das Dach vom Hundertwasserhaus. Wenn man mal die Gelegenheit hat, sich das anzuschauen, sollte man sie nutzen. Außerdem bin ein großer Fan der Hubbrücke, die ist wirklich beeindruckend. Eine kulinarische Empfehlung wäre das Crops, die machen tolles veganes Essen und das Flying Fish.

Unterscheidet sich das Sortiment an den unterschiedlichen Standorten Eurer Filialen oder fahrt Ihr überall die gleiche Schiene?
Manche Produkte sind in all unseren Läden zu finden. Wir legen aber einen großen Schwerpunkt auf lokale Biere, da lassen wir den Partnern vor Ort freie Hand bei der Auswahl. Es ist uns ja auch ein Anliegen, lokale Kleinunternehmer zu unterstützen, die vielleicht gar nicht die Mengen erreichen, um in Lebensmittelläden vorhanden zu sein. Das sind Unternehmen, die zu uns passen. Hier in Magdeburg haben wir wahnsinnig viele lokale Frischbiere, die wir verkaufen, wie zum Beispiel Brewckau, Elbbrauerei Frohse, Wasserburg Gommern und demnächst auch die Braukatze aus Buckau. Diese Biere sind alle handwerklich hergestellt, vom Kronkorken bis hin zum Etikett ist alles von Hand gemacht. Jeder kann hier so ein bisschen seine Leidenschaft vertiefen. Wenn einer gut mit Wein oder mit Gin kann, dann darf er sich da voll ausleben. In Berlin beispielsweise verkaufen wir viel an internationalem Bier, wie hoch wertige Craft Biere. Alle paar Monate fahre ich mal durch Deutschland und schaue mir alle Filialen an, aber ich gebe ungern etwas Genaues vor. Wir sind da wirklich kein normales Franchise system, das stelle ich mir selbst so unglaublich langweilig vor.

»Würde ich für alles zahlen, was ich so trinke, dann wäre das echt teuer.«

Was ist die neueste Anschaffung bei Euch?
Ganz neu ist von der Wasserburg Gommern das Rauchbier und ansonsten bekommen wir auch fast monatlich saisonale Biere von Brewckau hier aus dem Stadtteil Buckau.

Was ist Dein größtes Laster?
Es fällt mir sehr schwer, Verantwortung abzugeben. Ich gebe mir Mühe, mich zu bessern. Und Dank unserer hervorragenden Mitarbeiter wird es auch immer leichter, das zu machen.

Bist Du manchmal in Gefahr, Dich zu übernehmen?
Ich weiß nicht. Ich bin es gewohnt, viel zu arbeiten. Das hat mich nie gestört, zumindest nicht, was den Laden hier betrifft. Ich kann sechs Tage die Woche, zehn Stunden sein sein und natürlich bin ich dann manchmal ausgepowert, aber es tut mir nicht weh. Ich habe nie das Gefühl, dass das hier wirklich Arbeit ist, weil ich die ganze Zeit Dinge tue, die ich sowieso gerne mache. Wenn ich mal einen Tag nicht hier bin, dann fehlt mir die Arbeit sofort.

Du hast mit ein paar anderen den ersten Platz bei einer Videoexposition der OvGU gewonnen. Hast Du eine Leidenschaft für Film?
Ich schaue gerne Filme, aber ich bin kein Filmemacher. Der Film ist im Rahmen unseres Studiums entstanden. Ich ärgere mich heute noch darüber, dass ich es nie abgeschlossen habe. Das war damals nicht möglich, weil unsere Firma so schnell gewachsen ist. Ich habe mich dann für eines von beidem entschieden. Den Kurzfilm zu machen war auf jeden Fall spannend, die Zusammenarbeit hat toll funktioniert. Allerdings war es wirklich stressig, darum würde ich das auch nicht nochmal machen. Aber ich bin froh, dass ich dabei war. Ich habe schon immer versucht, alle Möglichkeiten, die sich bieten, auszuschöpfen und Dinge, die ich mag, miteinander zu verbinden. Menschen und Orte verbinden, alle Möglichkeiten miteinander zu verknüpfen.

2014 hast Du Dich auf Facebook an alle Magdeburger gewandt und nach einem Spot für frisches Fladenbrot gefragt. Hast Du ihn mittlerweile gefunden?
Ja, ich hatte ihn gefunden, bis er seinen Fladenbrotlieferanten gewechselt hat. Ärgerlich! Und somit stehe ich jetzt wieder da und habe dasselbe Problem wie vor fünf Jahren. In Münster habe ich einen Laden mit fantastischem Fladenbrot entdeckt. Bei Bedarf lasse ich mir dann von dort etwas mitbringen, wenn jemand gerade wieder auf Tour ist. Aber ich werde nicht aufgeben, bis ich mein Lieblings-Fladenbrot auch hier gefunden habe.

Januar 2019
Interview aus INTER.VISTA 7

Vista.Schon?

Alexander Kusserow wurde 1981 in Braunschweig geboren und wuchs auf dem Land auf. Mit seinen Freunden erkundete er schon früh den Osten und als seine Schwester dann fürs Studium nach Magdeburg zog, folgte er ihr in die Elbestadt. Nach zwei Ausbildungen gründete er neben der eigenen Werbeagentur das Geschäft Getränkefeinkost, das sich auf den Verkauf von ausgewählten Limos und Craft Bier konzentriert. 2016 zog er sich aus der Agentur zurück, um sich nur noch auf seinen Laden zu konzentrieren. Getränkefeinkost ist heute ein Franchise-Unternehmen mit Standorten in Berlin, Leipzig, Münster, Magdeburg-Buckau und Magdeburg-Stadtfeld.

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