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Sebastian Ebeling

Jungs und Mädels, High-Heels und Sneakers, Cocktails und Bier – eine klassische Rollenverteilung. Doch das ist hinter den Toren vom einzigen Schwulenclub Magdeburgs schwer zu finden. Wer dem Boys’n’Beats einen Besuch abstattet, findet auf alle Fälle: ausgelassene Partys, spannende Menschen und seinen Besitzer Sebastian Ebeling. Mit ihm durfte Inter.Vista hinter die Kulissen des Nachtlebens blicken und erfahren, dass das Leben nicht nur eine einzige Party ist.

Interview und Fotos: Anne Streicher 

Beschreib doch mal den typischen Boys’n’Beats-Stammgast?
Die meisten sind ausgeflippt und gut drauf. Wenn sie kommen, dann wollen sie Spaß haben und bringen gute Laune mit. Das heißt, sie sind optisch entsprechend hergerichtet und voller Drang, Party zu machen. Um vielleicht auch jemanden für die Zukunft zu finden.

Warum gerade ein Club für Homosexuelle? Wie kamst Du dazu?
Weil ich’s nicht schlimm finde. Ich wurde schon früher offen erzogen, also war das Thema Homosexualität auch nichts Befremdliches. Sowohl damals, als auch heute nicht. Es gibt für mich keinen Unterschied zwischen dem Hetero-Gast oder dem schwulen oder lesbischen Gast. Das ist für mich nicht von Belangen.

»Toleranz ist bei uns großgeschrieben.«

Und gibt es einen Unterschied zwischen Schwulen- und Hetero-Clubs?
Ich glaube, Schwule können ausgelassener feiern. Es gibt so gut wie keinen Stress und die meisten Abende in meinem Club laufen harmonisch ab. Toleranz ist bei uns groß geschrieben.

Findest Du Magdeburg tolerant gegenüber Homosexuellen?
Teils, teils. In erster Linie würde ich sagen: Ja klar! Homosexualität ist das Normalste der Welt und man muss darüber gar nicht mehr groß diskutieren. Aber man wird ja oftmals eines Besseren belehrt. Es gibt nun leider immer noch Leute, die ziemlich altertümlich denken und das als schlimm oder als Krankheit ansehen.

Brauchst Du starke Türsteher?
Nein. (lacht) Ich hab zwar welche, aber die sind alle nett und haben das Feingefühl, dann entsprechend zu reagieren. Natürlich gibt es immer mal wieder Gäste, die sich mal daneben benehmen und vergessen, wo sie gerade sind. Aber die werden dann auch schnell aufgeklärt und wenn es nötig ist, zum Heimweg geleitet.

Das Boys’n’Beats ist ja der einzige Schwulenclub in Magdeburg. Fühlst Du Dich damit wohl oder hättest Du gerne noch eine andere Anlaufstelle für Deine Gäste?
Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn es noch so eine Art Schwulen­bar gäbe. Das würde Magdeburg sehr bereichern und man könnte gut zusammenarbeiten. Eine Win-Win-Situation, sowohl für mich, als auch für den Barbesitzer. Als Landeshauptstadt können wir im Moment für Homosexuelle nicht viel bieten.

Würdest Du denn selber gerne noch weitere Clubs oder Bars eröffnen wollen?
Nein, nicht wirklich. Es macht Spaß, so wie es jetzt ist. Um es gescheit aufzuziehen, müsste man viel Vorarbeit leisten. Wenn es jemanden gibt, der etwas Neues eröffnen will, dann könnte ich gerne mit Rat und Tat dabei sein und mir eine Zusammenarbeit vorstellen. Aber alleine nicht.

»Ich liebe Magdeburg. Ich bin gerne hier.«

Gibt’s einen Abend im Boys’n’Beats, der Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Da gibt’s einige. Das kann ich nicht an einem Abend festmachen. Es gibt viele, an die ich mich gerne zurückerinnere. Wenn zum Beispiel DJs dabei sind, bei denen du sicher sein kannst, die bringen gute Laune mit und es wird ein Kracher-Abend. Und trotzdem ist kein Abend wie der andere.

Was ist das Skurrilste, das Du hier schon gesehen hast?
(lacht) Ich glaube, da sollte ich nicht zu sehr ins Detail gehen. Wir hatten mal eine Zeit lang einen »SM-Stammtisch«, für den ich jeden Donnerstag aufgemacht habe. Da waren die Jungs und Mädels schon sehr umfangreich in ihren Ideen und Spielereien. Ansonsten fällt mir gerade eine witzige Geschichte ein, die ich immer gerne erzähle. Da hatte ein Pärchen seinen Spaß auf den Toiletten und sich dabei die Schuhe ausgezogen. Ich kann dir nicht sagen, warum sie das gemacht haben. Jedenfalls haben sich ein paar andere Gäste einen Spaß daraus gemacht, haben die Schuhe genommen und vor den Toiletteneingang gestellt. Natürlich mussten die beiden erstmal wieder rauskommen, um die Schuhe wiederzubekommen. Und dann stand da eine riesige Traube Menschen vor den Toiletten. Das war den beiden echt peinlich, aber es war eine echt witzige Sache.

Was macht für Dich eine gute Party aus?
Wenn sie friedlich abläuft, alle Spaß haben und den Alltag auch mal zu Hause lassen können. Deshalb geht man ja weg. Um Spaß zu haben, die Woche irgendwie von sich zu drängen und das Leben zu leben. Wenn das gelingt und man danach glücklich nach Hause geht, ist das für mich eine gute Party.

Hast Du denn ein Rezept gegen den fiesen Kater am nächsten Tag?
Sport, um mich irgendwie dagegen zu wehren. Ich schwitze einfach alles raus, trinke viel Wasser und esse herzhaft.

»Freizeit? Die nehme ich mir!«

Was hältst Du allgemein vom Nachtleben in Magdeburg?
Durch den Club hier komme ich natürlich selten raus, aber ich versuch schon mal eine Party mitzumachen. Ich würde sagen, dass es schon ein gutes Angebot gibt. Wir haben vernünftige Bars, ordentliche Diskotheken und gerade im Sommer sind ja viele Festivals und Open Airs. Also gibt es nichts, was ich vermissen würde.

Würdest Du dich selbst als nachtaktiv oder Frühaufsteher beschreiben?
Eigentlich beides. Wenn ich nachts arbeite und um sechs Uhr nach Hause komme, bin ich trotzdem um zehn Uhr wach. Sonntagabend hole ich dann meinen Schlaf nach um für Montag wieder fit zu sein. Ich brauche einfach nicht wirklich viel Schlaf.

Inter.Vista, Sebastian Ebeling, Foto: Anne Streicher

Inter.Vista, Sebastian Ebeling, Foto: Anne Streicher

Hast Du früher schon davon geträumt Clubbesitzer zu werden?
Ja, auf jeden Fall. Als ich den Beruf als Restaurantfachmann erlernt hatte, war mir klar, dass ich mal selbstständig werden und mein eigenes Ding durchziehen möchte. Mein erster Gedanke war, ein eigenes Restaurant aufzu­machen, aber dann kam das Interesse zur Bargeschichte beziehungsweise Barkultur hinzu. So hat sich der Weg dahingehend verändert, dass es kein Restaurant, sondern ein Club wurde.

Hast Du überhaupt Freizeit?
Die nehme ich mir! Wenn ich merke, dass mir langsam alles zu viel wird und ich die Nase voll von allem habe, dann nehme ich mir frei, um etwas Tolles mit meiner Familie zu machen.

Ist Dein Privatleben der Ruhepol zu Deinem Berufsleben?
Definitiv. Ich freue mich immer, nach der Arbeit nach Hause zu kommen. Wenn meine Tochter schon wach ist und zu mir ins Bett krabbelt, kann ich alles drum herum vergessen. So kann ich runterkommen und wieder Kraft tanken.

Wie funktioniert die Absprache mit Deiner Frau, was das »Zeitmanagement« der Familie angeht?
Das zweite Kind ist ja gerade unterwegs. Da meinte sie schon, dass ich vielleicht mal ein Wochenende mehr daheim sein sollte. (lacht) Aber ansonsten hat es bis jetzt immer gut geklappt und wir konnten uns unsere Zeit einteilen. Sie kann meine Situation zum Glück ganz gut nachvollziehen, da sie auch in der Gastronomie tätig ist.

»Deshalb geht man ja weg. Um Spaß zu haben, den Alltag zu vergessen und das Leben zu leben.«

Du bist mit dem Club fest an Magdeburg gebunden. Ist das in Deinem Sinne oder könnte es Dich auch woandershin verschlagen?
Nein, ich war ja nach meiner Ausbildung schon für drei Jahre in Bayern und habe da meine Erfahrungen sammeln können. Ich liebe Magdeburg. Ich bin gerne hier und wenn es keinen Grund gäbe, dann muss ich Magdeburg auch nicht den Rücken kehren.

Wenn Du jetzt von einem angesagten Club in Berlin ein Angebot bekommen würdest, würdest Du dir es dann überlegen?
Schwierig… Ich hoffe die Frage stellt sich nie. (lacht) Es würde mir wahrscheinlich sehr schwer fallen, nein zu sagen. Das Interesse und die Motivation wären schon da. Aber zum Wohl meiner Familie würde ich das Angebot letzten Endes wohl ausschlagen.

Interview aus INTER.VISTA 2

 

Vista schon?
Sebastian Ebeling ist 1984 in Magdeburg geboren und ein waschechtes Magdeburger Kind. Er schloss seine Ausbildung zum Restaurantfachmann erfolgreich ab und schnupperte dann drei Jahre bayerische Gastronomie-Luft. Zurück in Magdeburg begeisterte er sich für die Club- und Barszene und übernahm mit 25 Jahren den einzigen Schwulenclub der Stadt, das Boys’n’Beats. Er steckt viel Energie und Zeit in seinen Club – aber das macht er gerne. Seinen Ausgleich findet er zuhause bei seiner Familie, mit der er gerne an die Elbe oder in den Stadtpark geht. Zu Magdeburg gehören für ihn der Fußball, die Elbe und freundliche, aufgeschlossene Menschen.

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