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Reiner Haseloff

Als Politiker ist er viel unterwegs, aber Magdeburg ist für ihn ein Stück Heimat geworden. Nicht erst seitdem. Dr. Reiner Haseloff 2011 zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, pendelt der promovierte Physiker täglich zwischen seiner Heimatstadt Wittenberg und der Landeshauptstadt.Doch was macht ein Ministerpräsident eigentlich noch im Haushalt? Wie oft geht er als praktizierender Katholik beichten? Welches waren seine schwierigsten Entscheidungen? Welche Bücher sollte man gelesen haben? Und warum folgt er seinem Namensvetter David Haselhoff auf Twitter? Inter.Vista ist diesen Fragen auf den Grund gegangen und traf einen gut gelaunten und gesprächsfreudigen Ministerpräsidenten.

Interview und Fotos: Franziska Seibert und Marlene Wiedner 

  

Herr Ministerpräsident, wir haben herausgefunden, dass Sie ein Ritter vom Heiligen Grab sind. Müssen wir Sie jetzt mit ›Sir‹ ansprechen?
Ich bin letztens sogar zum Komtur befördert worden. Der Ritterorden hängt mit den Kreuzzügen zusammen. Durch die ganzen Kämpfe sind die heiligen Stätten des Christentums in Zuständigkeit des Sultans gefallen. Franziskus von Assisi ist damals zum Sultan gepilgert und hat vergeblich versucht, Frieden zu schließen. Er hat aber erreicht, dass die Franziskaner die heiligen Stätten bis heute betreuen dürfen. Diese Pilger wurden  formal zum Ritter geschlagen. Ihre Spenden dienten zur Aufrechterhaltung des dortigen christlichen Lebens. Der Papst sichert über diesen Orden Sozialeinrichtungen und Hochschulen ab, damit dort Muslime, Christen und Juden – Männer und Frauen – gemeinsam studieren können. Wir spenden also für karitative Zwecke im Heiligen Land. Und nein, Sie müssen mich natürlich nicht ›Sir‹ nennen.

»Wir sind in einem festen Glauben erzogen worden und konnten nicht verstehen, was daran falsch sein soll.«

Sie kommen aus der Lutherstadt Wittenberg, sind aber Katholik. Gehört gelebte Ökumene zum Alltag oder bleiben Sie in der katholischen Gemeinde eher unter sich?
In Wittenberg ist es gar nicht möglich, nicht ökumenisch zu leben. Der Lebensmittelpunkt meiner Familie ist seit Jahrhunderten hier. Seit 1423 stehen wir im Steuerbuch: Mattis Haseloff, Stadtrat und Bauherr am Elsterende am Elstertor in Wittenberg. Ich komme aus einer ökumenischen Familie, mein Vater ist evangelisch, meine Mutter katholisch. Meine oberschlesische Mutter kam nach dem Zweiten Weltkrieg mit vielen anderen Flüchtlingen nach Mitteldeutschland. Die Entscheidung fiel damals, uns Kinder katholisch zu erziehen, aber ich besuchte beide Gottesdienste regelmäßig. Ökumene war zu DDR-Zeiten schon deswegen notwendig, weil wir auch damals schon in der absoluten Minderheit waren. Als ich in der achten Klasse war, gingen alle zur Jugendweihe – außer ein evangelischer Mitschüler und ich. Die anderen fuhren zur Klassenfahrt, und wir machten in der Zeit die Latrine sauber und fegten den Schulhof. So wurden Christen in der Diktatur behandelt. Das hatte auch etwas Verbindendes. So gestaltete sich dann auch die friedliche Revolution aus den katholischen und evangelischen Gemeinden heraus. Friedrich Schorlemmer ist ein Nachbar. Man muss wissen, dass wir politisch anders sozialisiert sind. Deswegen ist diese ›Runde-Tisch-Mentalität‹ immer noch eine Sache, die oftmals nicht ins klassische Wettbewerbsraster westdeutscher Parteien passt und uns manchmal etwas eigenartig erscheinen lässt.

Inter.Vista, Dr. Reiner Haseloff: MInisterpräsident, Foto: Franziska Seibert, Marlene Wiedner

Inter.Vista, Dr. Reiner Haseloff: MInisterpräsident, Foto: Franziska Seibert, Marlene Wiedner

Viele Menschen in der DDR sind aus der Kirche ausgetreten, weil sie Nachteile befürchteten. Hatte Kirche zu der Zeit für Sie etwas mit Widerstand zu tun?
Wir sind in einem festen Glauben erzogen worden und konnten nicht verstehen, was daran falsch sein soll. Viele konnten damals nicht studieren, weil sie nicht an der Jugendweihe teilnahmen. Ich hatte ja ein Zeugnis von 1,0. Über den normalen Weg wäre ich dennoch nicht zur Erweiterten Oberschule gekommen. Meine Mutter musste intervenieren, und das hat sie, Gott sei Dank, mit oberschlesischer Härte durchgefochten, so dass ich ihr heute noch dankbar bin, dass ich überhaupt zum Studium kam.

Der katholische Glaube ist offensichtlich ein großer Bestandteil Ihres Lebens. Gehen Sie regelmäßig zur Beichte?
Ich würde das eher als christlichen Glauben bezeichnen. Ich gehe jeden Sonntag zur Kirche. Schon immer. Seit meiner Taufe schleppte mich meine Mutter mit, später wurde es mir ein Bedürfnis. Aus zeitlichen Gründen beichte ich nur einmal im Jahr. Die Osterbeichte ist ein Kirchengebot. Mit meinem geistlichen Vater bespreche ich so auch mal Dinge, die ich mit meinem Regierungssprecher nicht erörtere. Er ist jetzt 92 geworden und war unser alter Pfarrer in Wittenberg.

Sie haben Physik studiert, als Physiker gearbeitet. Wie wurden Sie Politiker?
Physik wählte ich, weil es ein ideologiefreies Fach war. Einsteins Relativitätstheorie kann man nicht ideologisch instrumentalisieren. Das war für uns ein Punkt. Meine Frau ist Medizinerin, die hat sozusagen das andere gewählt, was sich im Angebot befand. In der Wende bin ich dann durch die erste freie Kommunalwahl stellvertretender Landrat geworden und 1992 praktisch ins Nachbargebäude gewechselt – zum Arbeitsamt. Ich hätte auch als Physiker weiterarbeiten können, da hätte ich aber zur Laserphysik nach Offenbach umziehen müssen, weil unser Institut zum Umweltbundesamt kam. Und dann war klar, dass ich einen beruflichen Neustart mache.

»Diese Stadt hat ihren eigenen Charme. Sie ist aber auch robust, weil die Geschichte so viele Wunden gerissen hat.«

Von 1992 bis 2002 leiteten Sie ein Arbeitsamt. In der Aufbruchstimmung der ›Wilden Neunziger‹ war das sicher nicht einfach. Welche Ereignisse sind Ihnen aus dieser Zeit in Erinnerung geblieben?
In Sachsen-Anhalt gab es die größten Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt. Wir hatten ja die großen Kombinate hier. SKET, die Großbetriebe des Chemiedreiecks im Süden und viele andere. Die Hälfte aller Menschen waren nicht in regulärer Arbeit, fast 50 Prozent Unterbeschäftigung. Unser großes Stickstoffwerk hier wurde damals von 8.500 auf 600 Mitarbeiter runtergeschrumpft. Verständlicherweise gab es Demos. Mehrere tausend Menschen sperrten damals die Bundesstraße 187, von Coswig kommend, mit einem Sattelschlepper. Ich war vor Ort und musste als Bundesbeamter sozusagen für das System geradestehen. Sie zogen mich auf den Sattelschlepper und erwarteten eine Antwort, wie es denn weitergehe. Das sind Eindrücke, die man nicht vergisst. Das war eine Situation, in der man den Glauben aufrechterhalten musste, dass wir uns wieder fangen. Man durfte nicht verzweifeln. Deswegen bemühten wir uns, Hilfestellungen zu geben, ABM, diese ganzen Abrissmaßnahmen mit Beschäftigungsverbänden, dass wenigstens ein Übergang in die Renten erfolgen kann, Kurzarbeit, Vorruhestand.

Sie standen in Ihrem Leben schon oft vor wichtigen Entscheidungen, als Politiker und bestimmt auch privat. Was war die schwierigste Entscheidung in Ihrer bisherigen Karriere? Warum?
Die einfachste Entscheidung in meinem Leben war, dass ich meiner Frau aus tiefster Überzeugung den Heiratsantrag machte. Das ist jetzt 42 Jahre her. Die schwierigste Entscheidung war 1990 der Ausstieg, also die Frage, ob ich in die Kommunalpolitik gehe oder mein angewandtes Physikfach weitermache. Ich habe meinen Beruf als Physiker nämlich sehr gern gemacht. Meine Promotion war ja auch erst nach dem Ausstieg. Zu DDR-Zeiten war meine Aspirantur abgelehnt worden, sodass ich erst nach der Wende promovieren konnte. Das ist also auch ein Glücksfall, dass das noch klappte und ich nicht umsonst wissenschaftlich gearbeitet habe. Aber das dann zu lassen und in die Kommunalpolitik zu gehen, das war nicht einfach. Wichtig war auch nochmal der Sprung, sich auf die erste Position im Lande einzulassen, zumindest in der Exekutive. Das ist ja auch eine Entscheidung für die ganze Familie, weil alle davon bis hin zu Sicherheitskonzepten und so weiter, betroffen sind. Auch die verbalen Attacken des politischen Alltags belasten zuweilen die Angehörigen.

1976 traten Sie in die CDU ein. Wie kam es dazu?
1976 stellte ich den Antrag, 1977 hatte ich dann die volle Mitgliedschaft. Das ist damals auch ein Prozess gewesen. Nachdem Biermann ausgebürgert wurde, forderten Partei  und FDJ-Sekretäre auch beim Studium an der Universität politische Bekenntnisse. Und da habe ich gesagt, dass ich noch in der politischen Entscheidungsfindung sei. Ich bin dann in meinem Heimatort in die CDU eingetreten und meine Mutter hat bis zum Ende des Studiums die 2,20 Mark Beitrag bezahlt. Ohne diese Welle, die Biermanns Ausbürgerung damals erzeugte, hätte es diesen politischen Druck in den Seminargruppen nicht gegeben. Als das 25-jährige Jubiläum des Mauerfalls gefeiert wurde, hatte Wolf Biermann beim Festakt im Bundestag ja seinen Auftritt. Ich war als Ministerpräsident auch dabei. Nach dem Auftritt habe ich ihm bloß gesagt: »Wissen Sie eigentlich, dass Sie verantwortlich dafür sind, dass ich hier sitze?«

Sie haben sich mit dem Eintritt in die CDU klar positioniert. Brachte das auch Nachteile mit sich?
Der Witz ist ja, dass ich auch aufgrund dieser Parteimitgliedschaft meine Aspiranturen nicht genehmigt bekam. Ich hatte zwei Mal einen Antrag gestellt und bin abgelehnt worden. Ende der achtziger Jahre bekam ich erst die Freigabe für die Nutzung meiner Daten. Ich konnte also im Prinzip als Privatmann eine Dissertation schreiben. Ab Sommer 1990 war ich aber bereits stellvertretender Landrat, also arbeitete ich ein Jahr lang nachts und am Wochenende an dem Ding.

»Ich arbeite viel mit Zahlen und Grafiken, weil die eingängig und präzise sind.«

Sie sind kürzlich nochmal ein Stück in die Vergangenheit gereist und haben zwei Stunden Physik in einer Oberstufe gelehrt.
Wir waren damals in der kleinen DDR allein in Dresden 120 Physikstudenten. Und dann gab es noch die anderen Unis. Heute gibt es viel zu wenige. Für mich völlig unverständlich,  weil eine Volkswirtschaft oder Gesellschaft ohne Physiker nicht klar kommt. Mein Ansporn bei dieser Physikstunde war, dass Physik den Kindern und Jugendlichen Spaß machen soll. Ich sehe ja bei meinen vier Enkeln, dass denen Physik keinen Spaß macht. Da ist irgendwas schief gelaufen. Physik bedeutet etwas für das gesamte Weltbild. Ich bin zur Physik gekommen, weil ich mich gerade in einem atheistischen System auch mit Grenzfragen der Philosophie, Theologie und Naturwissenschaft auseinandergesetzt habe und mich demzufolge in diesem Studienfach auch weltanschaulich orientieren wollte. In der Unterrichtsstunde habe ich solche Fragen mit eingestreut. Ich wollte neugierig machen und zeigen, dass das Ergebnis am Ende mehr ist als nur eine errechnete Zahl.

Inter.Vista, Dr. Reiner Haseloff: MInisterpräsident, Foto: Franziska Seibert, Marlene Wiedner

Inter.Vista, Dr. Reiner Haseloff: MInisterpräsident, Foto: Franziska Seibert, Marlene Wiedner

Einem Zeitungsartikel konnte man entnehmen, dass einige Schüler Ihnen nicht ganz folgen konnten. Fühlen Sie sich auch manchmal im Landtag unverstanden?
Das haben vielleicht die Journalisten nicht begriffen, weil die alle Physik abgewählt hatten, aber die Schülerinnen und Schüler haben schon Interesse gezeigt. Es kam sehr wohl rüber, dass so eine Einordnung in die Zusammenhänge der Physik auch eine breitere Weltanschauung mit sich bringt. Im Übrigen dürfen sie ihr Wissen nie nur aus Zeitungen nehmen. Sie müssen immer die fragen, die dabei waren, am besten die Schüler. Im Landtag ist es natürlich auch nicht immer einfach. Unsere Politikergeneration ist eine Quereinsteigergeneration, die nicht politisch sozialisiert wurde, daher haben wir eine völlig andere Rhetorik. Ein Soziologe hat andere Herangehensweisen und Denkstrukturen, als ein Mathematiker oder Physiker. Ich arbeite viel mit Zahlen und Grafiken, weil die eingängig und präzise sind. Bisher konnte ich mich immer verständlich machen. Die Differenzen sind die unterschiedlichen Grundwerte, die man vertritt. Da unterscheide ich mich in der Rhetorik und auch in dem tiefen Glauben, etwas Gutes für unsere Gesellschaft zu tun, von anderen, zum Beispiel von Redebeiträgen der AfD.

Inter.Vista ist ja ein Magdeburger Magazin. Was ist eigentlich Ihre erste Erinnerung an die Stadt?
Das erste Mal war ich 1968 in Magdeburg zu einem Gottesdienst anlässlich der Feiern zum Jubiläum ›1.000 Jahre Bistum Magdeburg‹. Da beeindruckten mich natürlich der Dom und St. Sebastian und andere dominante Kirchengebäude, die die tausendjährige Geschichte Magdeburgs spiegeln.

Wo verbringen Sie hier gerne Zeit?
Einzigartig finde ich die besondere Elbauenkonstellation. Da gehe ich auch mit meiner Frau gern spazieren. Die Elbe ist ein einzigartiger Fluss, der hier noch zu großen Teilen in seiner Ursprünglichkeit erhalten ist. Die Landschaftsblicke, wenn man die Silhouette von Magdeburg sieht, das findet man in keiner anderen Stadt in Deutschland oder Mitteleuropa. Das ist für mich Magdeburg.

Ist Magdeburg ein Stück Heimat für Sie, auch wenn Sie nicht von hier kommen?
Ja, es ist Heimat, denn Sachsen-Anhalt ist mein Lebensraum. Schon seit über 60 Jahren, denn ich bin hier geboren. Weil der Bistumssitz hier war, war ich regelmäßig in Magdeburg, es war das geistige Zentrum. Hier ist alles, was prägend für mich war.

»Die Sechziger, da sind wir noch mit Blumen im Haar durch die Gegend gelaufen und haben gedacht, die Welt wird schön.«

Mal eine ganz andere Frage: Was macht man als Ministerpräsident eigentlich noch im Haushalt?
Meine Frau hat gerade eine neue Küche eingerichtet, die ist so kompliziert, dass ich da nicht mehr reingelassen werde. Die Aufteilung im Haushalt entstand aus den physischen Voraussetzungen, die sich in einer ergänzenden Partnerschaft ergeben. Ich habe die Kinder nicht gestillt, aber ich habe sie gewindelt. Ich habe die Bäume beschnitten und Zement für unsere Datsche geschleppt. Für meine Frau blieben die etwas anspruchsvolleren, nicht so robusten Tätigkeiten, das kulturell Höherwertige, die Ausgestaltung der Familienfeiern und all das, was an Feinheiten und geistiger Hochkultur in einer Familie auch zu gestalten ist.

Wir haben gelesen, dass Sie eine Büchersammlung von mehreren tausend Büchern zuhause haben. Welche Bücher liegen Ihnen besonders am Herzen?
Eine Bibel sollte jeder zu Hause haben. Das hat jetzt nichts mit religiösen Dingen zu tun. Dass wir uns überhaupt verstehen, haben wir der Bibelübersetzung Martin Luthers zu verdanken. Ansonsten wären unsere Dialekte so auseinander gegangen, wie es zwischen den Niederlanden und Deutschland ist. Natürlich Goethe. Faust ist ja in seiner Art auch eine Revision der biblischen Grundmythen und Grundgeschichten. In meiner Bibliothek finden Sie natürlich auch viele Physik- und Theologiewerke. Das erste Buch, das ich mir selbst kaufte, war Wolfsblut von Jack London. Das habe ich heute noch. Die 1,65 Mark habe ich mir damals beim Rübenverziehen verdient.

Wenn man viel unterwegs ist, ist es natürlich praktisch, einen E-Book Reader zu benutzen. Haben Sie auch einen?
Ich habe keinen Reader, sondern alles auf dem Telefon und Tablet. (Holt sein Smartphone aus der Tasche). Sie können ja mal zählen, wie viele Bücher hier drauf sind. Es dürften so 1.000 sein. Über diese Anschaffung hat sich Ihre Frau doch bestimmt gefreut. Ja, das spart Platz, es liegt nicht so viel herum. Ich habe mir gerade Die Geschwister Oppermann von Lion Feuchtwanger heruntergeladen. Wissen Sie warum? Das ist die Analyse vom Ende der Weimarer Republik, die freiwillige Abwicklung einer Demokratie und die Transformation in eine Diktatur. Feuchtwanger schrieb es im Exil. Das Thema ist politisch sowas von aktuell. Man wird höchst sensibilisiert für das, was jetzt von uns gefordert ist. Außerdem habe ich die Kosmische Dämmerung. Die Welt vor dem Urknall gerade reingeladen. Das sollte man parallel zu Vom Urknall zum Durchknall: Die absurde Jagd nach der Weltformel lesen. Das empfehle ich, weil es die Physikgläubigkeit wieder relativiert. Und noch Die Romanows, die wollte ich auch mal lesen.

Sie haben bestimmt auch Musik in Ihrer Mediathek. Was hören Sie gerne?
»Bad Moon Rising« von CCR. Und »Learning to Fly« von Tom Petty. Donnerstags höre ich immer die Oldie-Sendung auf MDR. (Musik auf seinem Smartphone beginnt) Die Sechziger, da sind wir noch mit Blumen im Haar durch die Gegend gelaufen und haben gedacht, die Welt wird schön.

»Die Magdeburger sind ein offenherziger Menschenschlag.«

Eine Sache müssen wir noch klären, nämlich die Schlagzeile »Hasselhoff trifft Haseloff«. 2011 versprach Ihnen David Hasselhoff, wenn Sie Ministerpräsident werden, dann werde er ein Konzert in Magdeburg spielen. Wann soll das denn stattfinden?
Gute Frage! Ich hatte damals meinen ersten Ministerpräsidenten-Wahlkampf, und mein Wahlkreisleiter rief an und sagte, mein Wahlplakat sei geschändet worden. Die hätten den Hasselhoff-Kopf reingeklebt. Zufällig war David Hasselhoff vier Wochen später in Berlin. Da wollte ich gerne hin. Ich kannte jemanden, der das Konzert mitorganisierte. Wir waren dann eine halbe Stunde vor dem Konzert bei ihm drin. Es war sehr gut. Ich stehe allerdings auch in der Pflicht, denn wenn er komme, sagte Hasselhoff, dann möchte er Angela Merkel treffen. Wenn das klappt, dann kriege ich auch das hin, antwortete ich. Es war übrigens ein tolles Konzert, wir haben wirklich zweieinhalb Stunden richtig gerockt. Meine Frau träumt heute manchmal noch von dem Wangenkuss, den sie von ihm bekam. Letztlich konnte sein Versprechen bisher nicht eingelöst werden, weil er einen Absturz hatte. Er kam nicht wieder und hat seitdem kein Konzertformat aufgelegt. Ich folge ihm noch auf Twitter. Wenn er sich erholt, würde ich ihn ansprechen.

Was macht Magdeburg für Sie aus?
Diese Stadt hat wirklich ihren eigenen Charme. Sie ist aber auch robust, weil die Geschichte so viele Wunden gerissen hat. Jedes Mal raffte sie sich wieder auf und schöpfte Hoffnung. Die Magdeburger sind ein offenherziger Menschenschlag. Da wird nicht viel ›rumgefummelt‹, es wird gleich die Kernbotschaft gesagt. Diese Direktheit, das können sie. Deswegen komme ich immer wieder gerne her, jeden Tag.

Januar 2017
Interview aus INTER.VISTA 3

 

Vista schon?
Dr. Reiner Haseloff, 1954 in Bülzig im Landkreis Wittenberg geboren, praktizierender Katholik und leidenschaftlicher Bücherfreund. Sein Studium der Physik absolvierte er an der Technischen Universität Dresden sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er arbeitete bis 1990 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umweltschutz in Wittenberg. 1976 trat er in die CDU ein, wechselte beruflich aber erst nach 1990 in die Politik. Seit 2011 ist er Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt. Mit seiner Frau Gabriele hat er zwei Söhne, und er ist bereits mehrfacher Großvater.

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