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Maik Franz

Maik Franz ist seit Januar Assistent der Geschäftsführung beim 1. FC Magdeburg. Er war 14 Jahre Teil der Fußball-Bundesliga. Vor einem Jahr hing er die Stollenschuhe an den Nagel. Inter.Vista gibt er tiefe Einblicke in seine sportliche Odyssee, spricht über seine Beziehung zu Iron Maik und persönliche Anfeindungen.

Interview und Fotos: Lukas van den Brink 

Du hast zuletzt bei der Hertha gespielt, wohnst noch in Berlin. Du pendelst mit dem Auto. Ist ein Umzug nach Magdeburg geplant?
Ich pendele nicht jeden Tag. Gelegentlich schlafe ich auch im Hotel. Da ich in Zehlendorf wohne, muss ich nicht erst durch die ganze Stadt fahren. Der Weg zur Autobahn ist nicht allzu weit. Grundsätzlich kann ich mir einen Umzug nach Magdeburg vorstellen. Ich mag die Mentalität der Magdeburger. Aber man muss abwarten, wie es läuft. Wenn mich der Verein langfristig an sich binden möchte, ist das durchaus eine Option.

Wie ist denn die Magdeburger Mentalität?
Die Menschen sind offen und direkt. Man weiß sofort, woran man ist. Manchmal ist der Magdeburger auch schroff. Das kann man falsch verstehen, aber meist ist das herzlich gemeint.

Du hast Anfang 2015 Deine Karriere als Profisportler beendet. Einige Deiner Gegenspieler haben bestimmt aufgeatmet. Wie schlimm warst Du denn wirklich?
(lacht) Ich habe immer an der Grenze des Erlaubten gespielt, manchmal auch darüber hinaus. Ich wollte natürlich immer gewinnen und habe dafür alles eingesetzt, was mir zur Verfügung stand.

In der Saison 2006/07 bist Du mit dem Karlsruher Sportclub in die 1.Bundesliga aufgestiegen. Dein Ruf veränderte sich. Nach dem Baden-Württemberg-Derby gegen den VfB Stuttgart hat Dich Mario Gomez im TV als Arschloch bezeichnet. Du hast Dich im Anschluss zurückhaltend geäußert und auf keine Auseinandersetzung außerhalb des Platzes eingelassen. Wie bewertest Du die Aussage mit dem gewonnenen Abstand?
Ich finde seine Aussage etwas unglücklich formuliert. Natürlich hat man sich auf dem Platz gegenseitig bekämpft und ich kann verstehen, dass er angefressen war. Aber es ist überzogen, solche Worte zu wählen. Ich bin mir sicher, er sieht das ähnlich.

Was ist genau vorgefallen?
Wir haben versucht, dem VfB Stuttgart das Leben so schwer wie möglich zu machen. Mit allem, was uns zur Verfügung stand. Da war natürlich auch Schundgequatsche dabei. Aber das ist auf dem Fußballplatz normal, egal in welcher Liga.

»Das Gefühl vor tausenden Menschen aufzulaufen ist unbeschreiblich. Es ist wie eine Sucht.«

Außerhalb des Platzes galtest Du als sehr handsam. Hattest Du mit dem Rüpel-Image zu kämpfen?
Nein, überhaupt nicht. Jedes Image ist besser als kein Image. Ich war mir immer meiner selbst bewusst. Deshalb konnte ich immer in den Spiegel schauen. Das war und ist mir wichtig.

Wie ging Dein Umfeld damit um?
Meine Familie hat das mehr getroffen als mich. Meine Eltern haben eine Zeit lang Diskussionen über mich in unterschiedlichen Internetforen verfolgt. Da geht es oftmals sehr unreflektiert zu. Für Eltern ist es natürlich nicht erbaulich, wenn das Kind angefeindet wird. Meine Mutter ist Berufsschullehrerin. Ihr wurde unter anderem von Schülern gesagt, dass sie erstmal ihren eigenen Sohn erziehen solle, bevor sie Schüler erziehe. Das hat mich mehr beschäftigt als die persönlichen Anfeindungen.

Du hattest während Deiner Karriere immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Auch da ist mentale Stärke gefragt. Fiel es Dir schwer, die nötige Kraft aufrechtzuerhalten?
In den ersten Jahren blieb ich zum Glück von schwerwiegenden Verletzungen verschont. Irgendwann bin ich in einen Verletzungsstrudel reingerutscht. Es wurde immer mehr. Aber ich wollte wieder zurückkommen und habe mich an das körperliche Niveau herangekämpft. Das Gefühl vor tausenden Menschen aufzulaufen ist unbeschreiblich. Es ist wie eine Sucht. Das ganze Drumherum ist beeindruckend. Die Vorbereitung auf das Spiel, die Fahrt ins Stadion, tausende Menschen strömen dort hin. Es ist einfach geil. Aber alles ist endlich und man muss einen rechtzeitigen Absprung schaffen. Ich bin für alles dankbar, was ich lernen und erleben durfte.

Hättest Du Dir ein schöneres Ende gewünscht?
Ich fühle mich geistig noch fit, und hätte gerne noch ein paar Jahre gespielt. Das Ausland hätte mich gereizt. Aber ich trauere dem nicht nach. Das ist Jammern auf hohem Niveau. Es gibt wesentlich schlimmere Schicksale.

Gab es Möglichkeiten?
Ich hätte noch eine Weile in den USA kicken können, bei Philadelphia Union. Ich hatte schon ein Flugticket. Eine Knieverletzung hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.

»Ich habe immer an der Grenze des Erlaubten gespielt, manchmal auch darüber hinaus.«

Du hast im Mai ein Bild von Deinem Sohn auf Facebook gepostet, mit dem Titel »Ganz der Papa … Abräumer durch und durch… «. Dein ehemaliger Mannschaftskollege beim Karlsruher SC, Christian Eichner, hat das mit »Als ich noch mein Zimmer mit ihm geteilt hatte, sah es ähnlich aus…« kommentiert. Legst Du privat Wert auf Ordnung?
(lacht) Ja, definitiv. Wir hatten in Karlsruhe eine verdammt coole Zeit. Ich habe ein tolles Verhältnis zu Eiche. Wenn sich eine Angriffsfläche bietet, dann wird die meist wahrgenommen (lacht). Der Post war eine Steilvorlage. Aber der Kommentar entspricht nicht der Wahrheit.

Viele Sportler haben Rituale. Du auch?
Ich bin total abergläubisch. Ich habe vor den Spielen immer die gleiche Musik in der gleichen Reihenfolge gehört, immer den linken Schuh zuerst angezogen. In Wolfsburg habe ich eine Weile am Tag vor den Spielen immer die gleiche Freundin angerufen. In meiner ersten Magdeburger Zeit hatte ich eine Glücksunterhose. Solange wir gewonnen haben, wurde sie nicht gewaschen. Das war natürlich nicht gerade hygienisch (lacht). Über meine aktuellen Rituale spreche ich nicht. Das bringt vielleicht Unglück.

Dir wurde der Schritt in den Profifußball vom 1. FC Magdeburg ermöglicht. Wie würdest Du Dein Verhältnis zum Verein beschreiben?
Intensiv. Ich komme hier aus der Region. Der 1. FCM spielt in der Stadt und in der Region eine große Rolle. Ich habe insgesamt drei Jahre für Magdeburg gespielt. Die ersten beiden Jahre in der A-Juniorenmannschaft unter Matthias Pape. Zusammen haben wir den A-Junioren DFBPokal gewonnen. Das erste Jahr bei den Herren war auch erfolgreich. Wir wurden Rekordaufsteiger in der Oberliga Nord-Ost Süd und haben im DFB-Pokal unter anderem den 1. FC Köln und Bayern München besiegt, bis wir dann im Viertelfinale knapp am folgenden Pokalsieger Schalke 04 gescheitert sind. Das war eine coole Zeit.

2006 bist Du von der 1. Liga-Mannschaft des VfL Wolfsburg in die 2. Liga nach Karlsruhe gewechselt. Warum?
Ich hatte auf Anhieb ein gutes Gefühl. Ich hätte auch innerhalb der 1. Bundesliga zu Energie Cottbus wechseln können, wollte aber lieber um den Aufstieg spielen als gegen den Abstieg. Das hat sich ausgezahlt. Wir waren vom ersten bis zum letzten Spieltag auf einem Aufstiegsplatz positioniert. Das gab es bis heute kein zweites Mal.

Dort hast Du schnell Kultstatus erreicht und bist zu Deinem Spitznamen Iron Maik gekommen. Findest du den Namen ein wenig überspitzt?
Überhaupt nicht. Der Name kam von den Fans, darauf bin ich stolz. Ich trage den Namen gerne und identifiziere mich damit. Viele bezeichnen mich deshalb als Selbstdarsteller. Jeder soll seine Meinung äußern dürfen. Ich werde diese große Geste aber nicht ablehnen.

Du hast eine Zeit lang für jede gelbe Karte 500 Euro an die Kinderkrebsstation Berlin gespendet und auch der Kinderkrebsstation Karlsruhe den einen oder anderen Betrag überlassen. Auch das widerspricht Deinem Bad-Boy-Image. Welche Projekte stehen gerade an?
In der abgelaufenen Rückrunde habe ich für jeden Sieg des 1. FCM 300 Euro an die Pirmin Schwegler-Stiftung gespendet. Pirmin war mein Kollege bei Eintracht Frankfurt und war als Kind an Leukämie erkrankt. Er unter­stützt eine Kinderkrebsstation in der Schweiz. Die Kinderkrebsstation Karlsruhe unterstütze ich auch noch in regelmäßigen Abständen.

Du warst 14 Jahre lang Teil der Bundesliga. Was ist Deine Lieblingsanekdote?
Es gibt viele schöne Anekdoten. An dem Tag als ich mit Karlsruhe aufgestiegen bin, sind wir abends in einer Fankneipe der harten Jungs gelandet. Wir haben bis in die Morgenstunden gefeiert und wurden dann von der Polizei mit Blaulicht nach Hause gefahren. Näher möchte ich darauf nicht eingehen. Vieles was dort passiert ist, war nicht jugendfrei. Auf jeden Fall ein unvergesslicher Abend.

Inter.Vista, Maik Franz, Foto: Lukas van den Brink

Inter.Vista, Maik Franz, Foto: Lukas van den Brink

Du studierst Sportmanagement an der IST-Hochschule Düsseldorf. Im Januar 2016 hast Du die Assistentenstelle der Geschäftsführung beim 1.FCM angetreten. Kannst Du Dir vorstellen über das Studium hinaus beim 1.FCM zu wirken oder peilst Du wieder die höchste Spielklasse an?
Klar, deshalb mache ich das ja. Ich sehe meinen Amtsantritt als Investition. Ich kann vom Verein profitieren und der Verein von mir. Hier entsteht etwas. Mario Kallnik und der gesamte Verein haben in den letzten Jahren großartige Arbeit geleistet. Jeder, der beim FCM tätig ist, hat ein blau weißes Herz. Die Voraussetzungen für den nächsten Schritt sind geschaffen. Natürlich möchte ich wieder in der ersten oder zweiten Liga arbeiten. Ich möchte dahin, wo ich mal war. Am liebsten mit dem 1. FC Magdeburg. Man sollte sich nicht kleiner machen als man ist. Aber man muss einen Fuß vor den anderen setzen, Bescheidenheit und Demut zeigen.

Warst Du während Deiner sportlichen Odyssee gelegentlich in Magdeburg?
Ja, oft. Meine Eltern wohnen knapp 40 Minuten von Magdeburg entfernt. Als ich in Wolfsburg gespielt habe, fuhr ich auch regelmäßig zu FCM-Spielen, war am Hasselbachplatz essen und mit Freunden unterwegs. In der Stadt, in der man spielt, ist man recht präsent. Wenn man jung ist, möchte man auch etwas erleben und seinen Freiraum nutzen.

Hat sich die Stadt seit Deiner ersten Zeit beim 1. FCM verändert?
Es sind ein paar neue Häuser und Wohnsiedlungen entstanden, ein paar Gebäude wurden renoviert. Aber ein großer Wandel ist in meinen Augen nicht geschehen.

»In meiner Zeit als Profisportler war ich ein waschechter Serienjunkie.«

Was macht die Stadt attraktiv?
Magdeburg ist lebendig, ist immer in Bewegung. Durch die vielen Studenten hat die Stadt eine gewisse Energie. Zudem gibt es viele schöne Flecken. Die Elbe, der Dom, der Hasselbachplatz und die vielen Parks verleihen der Stadt einen besonderen Charme. Magdeburg ist sowohl für junge Menschen als auch für Familien lebenswert. Der Stadt eilt oft ein falscher Ruf voraus. Hässliche Ecken gibt es natürlich überall. Man sollte nichts pauschalisieren.

Wie entspannst Du in Deiner Freizeit?
Mittlerweile mit meinem Kleinen. Er hat Feuer und ist ein kleiner Wirbelwind. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen und mit ihm zu spielen. Das ist Erholung pur. Ich war schon immer kinderfreundlich, aber wenn man sich mit seinem eigen Fleisch und Blut beschäftigt, ist das besonders. In meiner Zeit als Profisportler war ich ein waschechter Serienjunkie.

Welche Serien hast Du denn geschaut?
Eigentlich alles. Vor allem Game of Thrones ist der absolute Hammer. Aber auch Entourage, Prison Break, Breaking Badund Californication habe ich mir von Anfang bis Ende angesehen.

Im März 2015 bist Du für die Reportage-Reihe Iron-Maik – Sport am Limit für den Privatsender Sky vor die Kamera getreten und hast Dich mit anderen Sportlern in unterschiedlichen Disziplinen gemessen. Kannst Du Dir auch eine Fernsehkarriere vorstellen?
Die Zusammenarbeit mit Sky hat Spaß gemacht. Wir haben eine sechsteilige Reportage gedreht. Ich durfte mich mit internationalen Topathleten in deren Sportart messen. Das war eine tolle Erfahrung. Wenn eines Tages die Erkenntnis kommen sollte, dass die Arbeit im Verein nicht mehr erfüllend ist, kann ich mir das durchaus vorstellen. Man sollte für alles offen sein.

Interview aus INTER.VISTA 2

 

Vista.schon?
Maik Franz ist 1981 in Merseburg geboren und nach mehreren Stationen als Profisportler in der Fußball-Bundesliga nach Magdeburg zurückgekehrt. Er studiert an der IST-Hochschule Düsseldorf Sportmanagement und trat die Stelle als Assistent der Geschäftsführung beim 1. FCM an. Seine Lieblingsorte in Magdeburg sind die Elbe, der Rotehornpark und das Hotel Lindenweiler.

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