Sie liebt Kinder, tapezieren und ihren Pool. Kochen kann sie nicht. Muss sie auch nicht, das macht schließlich ihr Mann. Trotz vieler verlockender Möglichkeiten, hat sie Magdeburg nie den Rücken gekehrt. Kathrin Beyerling leitet seit sieben Jahren die Magdeburger KinderschauSPIELschule, obwohl diese Arbeit ihr keinen finanziellen Mehrwert verschafft.
Interview und Fotos: Benjamin Holz
Ist der Job in der KinderschauSPIELschule für Dich eher Arbeit oder mehr Leben?
Wenn es nach der Bezahlung geht, ist es ›nur‹ Leben. Die Schule bringt finanziell nichts, dafür habe ich einfach zu viele Ausgaben. Die Lehrer sind sehr teuer. Hier unterrichten ausschließlich ausgebildete Schauspieler oder Dozenten, die alle fest im Job stehen und einen gewissen Stundensatz voraussetzen. Ich lebe also von meinem Mann. (lacht) Wir können im Vergleich zu Tanz- oder Musikschulen nur sehr wenig Schüler aufnehmen, daher bleibt am Ende nicht viel übrig.
»Arbeit im Büro kann ich mir nicht vorstellen. Technik mag ich auch nicht.«
Warum machst Du es trotzdem?
Ich würde sicher in anderen Bereichen mehr Geld verdienen, aber ich habe meine Arbeit hier sehr gern. Es ist eine Art Hobby, das ich zum Beruf gemacht habe.
Was lernen die Kinder bei Euch in der Schauspielschule?
Sie bekommen Grundlagen für sprachliche Sachen, Bewegungsunterricht und anderes. Die wenigsten von ihnen möchten wirklich Schauspieler oder Schauspielerin werden. Sie wollen etwas machen, passen aber beispielsweise nicht in das Raster des Sportklubs oder der Musikschule, weil sie vielleicht nicht sportlich oder musikalisch genug sind. Hier bekommen sie von allem ein bisschen und noch ganz viel mehr. Sie lernen hier als erstes das Miteinander. Sie können sich nicht verstecken, dazu sind sie zu wenige. Die, die immer im Vordergrund stehen wollen, müssen lernen, zurückzustecken. Das muss als erstes gelernt werden, bevor sie dann daran denken können, Texte und Instrumente zu lernen oder sich Szenen auszudenken und nachzuspielen. Das kommt alles erst später.
Du hast vier Kinder und alle sind im Schauspiel gelandet. Macht es Dich stolz, dass Deine Kinder in die Fußstapfen ihrer Mutter treten?
Natürlich ist es schön, das eigene Kind groß auf einer Leinwand zu sehen. Aber stolz bist Du auf Deine Kinder immer, wenn sie was erreicht haben. Im Übrigen trete ich eher in ihre Fußstapfen. Die Kinder sind im künstlerischen Bereich gelandet, hier haben die Entwicklungen parallel stattgefunden.
Sollten Kinder wissen, was sie wollen? Wie findest Du das?
Die Frage stelle ich mir oft. Menschlich finde ich es gut. Eigentlich bin ich sehr stolz auf meine eigenen Kinder, weil sie sich nicht verbiegen lassen. Ob es gut ist? Da würde ich fast Nein sagen, weil man sich dadurch auch viele Sachen verbauen kann. Ich finde das bei den Kindern toll, aber ich musste auch oft beim Lehrer antanzen und dachte dann: Mensch, hättest du nicht einfach mal Ja sagen können, dann hätten wir alle unsere Ruhe und müssten nicht hier sitzen. Ich weiß aber auch, dass sie es genau richtig machen.
In der Schauspielerei spricht man ja von Künstlern. Siehst Du Dich eher als Künstlerin oder als Lehrerin?
Von allem etwas. Ich kann auch ein Haus bauen. Ich habe ganz viel an meinem Haus selbst gemacht. Es gibt vieles, was ich mag und gern tue, ich tapeziere auch gerne. Ich würde nicht sagen, dass ich grundsätzlich Lehrerin oder Künstlerin bin, aber Künstlerin bin ich am wenigsten.
»Wenn ich meinen Dom nicht sehe, bin ich ohnehin kein Mensch mehr.«
Würdest Du nicht die Schule leiten, was wäre stattdessen für Dich interessant?
Ich wäre auch gern Hebamme geworden, aber ich hatte Angst, damit nicht richtig umgehen zu können, dass nicht alle Geburten glücklich laufen. Arbeit im Büro kann ich mir nicht vorstellen. Technik mag ich auch nicht. Ich würde mit Sicherheit immer was mit Menschen machen, mit Kindern und Jugendlichen, und mit den ganz kleinen am liebsten. Wenn ich aufgeregt bin, schlechte Laune oder richtig Stress habe, und du gibst mir ein Kind an die Hand, dann fahre ich komplett runter und werde extrem ruhig.
Was magst Du absolut nicht?
Computer. Und ich hasse kochen. Bei mir brennt sogar Wasser an. Essen ist mir auch nicht so wichtig. Mein Mann sagt immer, Essen wäre Kultur und zwingt mich, am Tisch zu sitzen, weil es ja so schön ist. Gott sei Dank kocht er gerne. Ich gehe auch überhaupt nicht gern in Gaststätten. Wenn der Kellner dann nicht zum Bezahlen kommt ist das für mich Zeit, die ich sinnlos herumsitze. Stattdessen könnte ich so viel machen.
»Bei mir brennt sogar Wasser an.«
Wie verbringst Du Deine Freizeit in Magdeburg?
Privat bin ich gern im Wasser, ich liebe meinen Pool, da muss ich auch nicht in den Urlaub fahren. Ich fliege nicht gerne und mag auch keine Autobahnen, weil das Orte sind, von denen ich nicht weg kann. Ich versuche immer, Freunde zu finden, die noch kleine Kinder haben und schlage ihnen vor, dass sie ihre Kinder zu mir bringen, damit sie abends mal weggehen können. Das entspannt mich. An Enkel ist bei mir noch nicht zu denken. Ansonsten gehe ich gerne zu Konzerten, vorwiegend zu den alten Ostbands oder mit meinen Kindern zu Jennifer Rostock. Aber wenn ich meinen Dom nicht sehe, bin ich ohnehin kein Mensch mehr.
Was macht Dich glücklich?
Kinder, die glücklich aus einer Sache herausgehen, die zufrieden sind. Eltern und Großeltern, die nach einer Veranstaltung zu mir kommen und sagen, wie toll das war. Zu Hause ist es natürlich die Familie. Wenn alle zu Hause sind, im Bett kuscheln, die Kinder um mich herum, der Dom vor der Tür, dann passt alles.
Dankeschön für das Gespräch.
Wie, das war´s schon? Da bin ich ja froh, dass du mich nicht gefragt hast, wann ich wie viele Drogen genommen habe. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe noch nie einen Joint geraucht. Ich rieche es auch nicht. Selbst als ich noch zwei Schachteln Zigaretten am Tag rauchte und als nach der Wende die ersten Joints die Runde machten, habe ich es nicht probiert. Ich habe Sorge, dass ich abhängig werde oder dass es mir nicht bekommt. Davor habe ich großen Respekt.
Dezember 2017
Interview aus INTER.VISTA 5
Vista.Schon?
Kathrin Beyerling, Jahrgang 1970, ist mit Hans-Jörg Beyerling (1961) verheiratet und seit 1998 als Produzentin, Schauspielerin, Sprecherin (Radiospots), Kamerafrau, Regisseurin (Werbespots für Kino und Fernsehen, Musikvideos, Kurzfilme) und Casterin tätig. Sie ist die Mutter der Schauspieler Hans Timo, Hans-Laurin und Hans-Jesse Bela Ben Beyerling. Ihre Tochter Lena (geb. 1995) gilt als Deutschlands berühmtestes Werbemädchen. Sie prägte 2004 in dem LBS-Werbespot den berühmten Satz: »Papa, wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden.«
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