Posted by on

Jana Majewski

Ein Sprichwort sagt, der Hund sei der beste Freund des Menschen. Allerdings gibt es viele Hundehalter, die diese Freundschaft nicht erwidern oder sogar mit Füßen treten. Wortwörtlich. Um solche Fälle kümmern sich Menschen wie Jana Majewski. Ihr Altenheim für Hunde bietet Tieren ein Zuhause, die sonst keines mehr finden und beherbergt Hunde, bis sie die ›Regenbogenbrücke‹ beschreiten.
Im Interview erzählt sie, wie ihre Liebe zu den Tieren entstand, was ein Fußballverein aus Gommern mit dem Altenheim zu tun hat und warum Imker beinahe den Verein ›gefährdeten‹.

Interview und Fotos: Jennifer Fiola

Worin unterscheidet sich Euer Heim von einem Tierheim?
Wir werden nicht staatlich subventioniert. Die Hunde sind hier nicht eingesperrt. Sie verbringen den ganzen Tag draußen aufdem Gelände, können sich frei bewegen. Im Tierheim weiß man meistens, wie alt die Hunde sind, wir nicht. Wir können das Alter nur am Zahnstatus schätzen.

Wie viele Hunde können Sie aufnehmen?
Wir haben Platz für sechs Hunde, die ständig bei uns leben. Jeder hat seine eigene Hütte. Wir haben eine Quarantänestation für einen zusätzlichen Hund. Da kommen neue Hunde oder Notfälle rein. Wir halten es klein, damit wir uns um jeden einzelnen Hund kümmern können.

Woher kommen die Hunde?
Größtenteils aus dem Tierschutz. Das sind Tiere, die es besonders schwer im Leben hatten und nicht mehr vermittelbar sind wie Malina mit ihrem entstellten Bein. Mascha ist zu alt und arthrotisch. Bela ist in sieben verschiedenen Familien gewesen und er wurde immer wieder abgegeben. In den letzten Jahren kamen auch viele ›ausländische‹ Hunde nach Deutschland. Davon sind wir nicht unbetroffen. Die Tierheime fragen an, ob wir einen Platz frei haben. Dann gucken wir uns an, ob die Hunde integrierbar sind.

Was ist das Besondere an Eurem Ansatz?
Wir sind ein kleiner Verein von neun Leuten. Keine festen Zeiten. Und wir betreiben keine aktive Vermittlung. Die Hunde verbringen bei uns ihren Lebensabend, wir sind ihre Endstation. Das ist eine Herzenssache.

Wer hatte die Idee für ein Hundealtenheim?
Birgit Kriese rief das Altenheim vor zehn Jahren ins Leben. Es ist aus einem Pilotprojekt entstanden. Sie war damals im Stadtrat und hatte viel mit der Tierpartei zu tun. Das Heim gab es zu der Zeit noch nicht in der Form. Es war im Aufbau und bestand aus einem kleinen Trupp.

Und wie sind Sie dazu gekommen?
Ich ging ins Tierheim, weil ich durch die Arbeit nicht die Zeit hatte, mir selbst einen Hund zu halten. Mit einem Hund spazieren gehen konnte ich aber. Bei einem Tierheimfest durfte sich das Altenheim vorstellen und ich wollte mitmachen. Ich wurde gleich zum Schatzmeister gemacht und ich bekam einen Haufen Kisten mit Unterlagen zum Sortieren hingestellt. Somit hatte ich schnell Einblick in sämtliche Finanzen und den Schriftverkehr.

Inter.Vista, Jana Majewski, Foto: Jennifer Fiola

Inter.Vista, Jana Majewski, Foto: Jennifer Fiola

Wer leitet das Heim?
Wir haben eine Vorsitzende und einen dreiköpfigen Vorstand. Die entscheiden gemeinsam. Wir machen keinen zum Chef.

Eingreifen würden wir alle, dafür kann ich meine Hand ins Feuer legen.

Wie wird die Arbeit im Altenheim auf­geteilt?
Aktiv kümmern sich sechs Mitglieder um die Tiere. Die anderen holen das Geld ran, machen Flohmärkte, gehen zu Firmen. Alles ehrenamtlich.

Wie schätzen Sie denn die Magde­burger diesbezüglich ein?
In Magdeburg gibt es drei ›Ehrenamtstage‹, an denen das Ehrenamt in Magdeburg vorgestellt wird. Das zeigt schon, wieehrenamtsfreudig die Magdeburger sind. Viel wird über das Familienhaus im Nordpark gemacht. Es gibt auch eine Menge Tierschutzvereine. Da helfen vorwiegend ältere Leute, aber auch Studenten.

Wie ist die Zusammenarbeit mit diesen Tierschutzvereinen?
Tierschützer untereinander sind nicht die besten Partner. Wenn man Hilfe braucht, unterstützt man sich, aber ansonsten haben wir wenig Kontakt. Wenn wir Katzenfutter bekommen, geben wir es zum Beispiel an den Katzengnadenhof weiter, umgekehrt genauso. Telefonischen Kontakt haben wir auch zum Tierschutzverein 1893 Magdeburg und zu den Tierheimen in Burg, Wolmirstedt, Bernburg. Wennwir etwas nicht gebrauchen können, geben wir es gerne weiter.

Habt Ihr noch mehr Unterstützer?
Seit ein, zwei Jahren hilft uns ein Fußballverein in Gommern. Sie helfen uns bei größeren arbeitstechnischen Sachen wie Hütten streichen oder Holz beschaffen. Zudem spendet ein Arzt aus Magdeburg jeden Monat Futtergeld. Ein großer Unterstützer ist die Abfallwirtschaft in Magdeburg. Sie hat uns das Gelände zur Verfügung gestellt.

Gab es auch mal Gegenwind?
Ja, von eigenen Leuten, die Mehrheitsentscheidungen nicht mittragen wollten. Sie versuchten uns über das Internetmassiv kaputtzumachen. Es ging zum einen um die Finanzen, zum anderen um die Tierhaltung. Die Finanzen sind aber belegbar. Wir haben alle viel Hundeerfahrung, sind aber trotzdem keine Profis. Wir sind nur lieb zu den Hunden und mehr brauchen sie teilweise gar nicht. Man kann einen Verein schnell kaputtmachen, indem man irgendwas in die Welt setzt.

Und von außen?
Einmal sollte das Heim zugemacht werden. Wir hätten das Gelände verloren. Dort sollte dann eine Streuobstwiese für Arbeitslose entstehen. 2013 haben sich Imker aufgeregt, dass wir das Gelände haben. Wir durften den rasen nicht mähen, weil Bienen auf die Wiese sollten. Wir hatten aber durch die Stadt Magdeburg Unterstützung und konnten das abwehren.

Gibt es ein Mindestalter für die Auf­nahme im Altenheim?
Ja, zehn Jahre. Bei Notfällen schauen wir auch mal nicht so genau hin. Wenn wir merken, dass der Hund nirgendwo mehr unterkommen würde.

Inter.Vista, Jana Majewski, Foto: Jennifer Fiola

Inter.Vista, Jana Majewski, Foto: Jennifer Fiola

Wie ist dann der Zustand der Hunde?
Vielleicht ist es übertrieben, wenn ich sage, sie sind in einem erbärmlichen Zustand. Aber wir bekommen Hunde, die richtig schlimm aussehen. Ungepflegt, kaputte Zähne, ungekämmtes Fell und teilweise sind sie nicht leinenführig. Es gibt auch Hunde, die nicht schlecht aussehen, aber traumatisiert sind, zum Beispiel weil sie in Zwingerhaltung gelebt haben und keine Freiheit kennen. Jeder Hund hat sein besonderes Schicksal.

Woher kommen die Gelder?
Wir haben das Glück, dass wir Spenden kriegen. Davon sind wir abhängig. Die Mitglieder zahlen im Jahr einen Mitgliedsbeitrag von 50 Euro. Der Beitrag ist relativ klein, dennoch ist es schwer Mitglieder zu finden. Eine Mitgliedschaft ist mit Arbeit verbunden, denn das Gelände muss sauber gehalten werden, die Hunde brauchen Pflege und ihren Auslauf. Außerdem bekommen sie Physiotherapie. Die Tierarztkosten fressen uns am meisten auf. Jeder Hund bekommt seine Erstbehandlung vom Tierarzt. Mittlerweile kriegen alle Hunde bei uns Medikamente.

Wie sieht die Öffentlichkeitsarbeit aus?
Wir haben eine Internetseite. Die wird aber nicht mit den neuesten Informationen gefüttert. Dafür haben wir Facebook, da erreicht man viel mehr Leute. Auf dem Flohmarkt machen wir ebenfalls Werbung. Wir versuchen an möglichst vielen Veranstaltungen teilzunehmen, machen
aber keine aggressive Öffentlichkeitsarbeit. Dafür ist der Verein zu klein.

Haben Sie privat auch Tiere?
Ja, ich habe drei Hunde. Alle sind Tierschutzhunde, zwei davon aus dem Altenheim.

Wenn ein Hund geht, ist das wie ein Volkstrauertag.

Sind Sie mit Tieren aufgewachsen?
Ja, ich hatte einen Wellensittich und einen Hamster. Meine Eltern wohnten in einer Neubauwohnung, da gab es keinen Hund. Meine Oma und mein Opa hatten eine Schäferhundzucht. Von meinem Opa bekam ich mit zwölf Jahren einen Schäferhundwelpen geschenkt, durfte ihn aber nie mit nach Hause nehmen. Der Hund lebte später lange bei meinem Vater und starb mit 18 Jahren.

Und wann hatten Sie den ersten ›richtig‹ eigenen Hund?
Als ich mit meiner eigenen Familie von Magdeburg auf ‘s Dorf gezogen bin und einen Hund halten konnte. Wir kauften uns einen Welpen, der ist alt und krank gestorben. Das war ein Mischling zwischen Sheltie und Schäferhund.

Wir bekommen Hunde, die richtig schlimm aussehen.

Was kann man aktiv gegen Tierquälerei machen?
Wer ein bisschen tierlieb ist, der wehrt sich, wenn ein Hund gequält wird. Das machen wir auch. Aber das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Eingreifen würden wir alle, dafür kann ich meine Hand ins Feuer legen. Wie damals bei unserer Schäferhündin. Man sah schon die Würmer, sie stank wie Aas und die Augen waren entzündet. Der Besitzerin wurden Auflagen erteilt. Ich wusste aber, sie würde die niemals einhalten. Ich fuhr dann heulend nach Hause. Nachdem ich mit meiner Familie darüber gesprochen hatte, fuhren wir noch am selben Abend hin und nahmen den Hund einfach mit. Ich musste mein Auto zwei Mal professionell reinigen lassen. Im Prinzip ist das hier ein Versuch der Wiedergutmachung für das, was andere Leute getan haben.

Waren Sie mal in Ländern, wo Hunde misshandelt werden?
Ja, aber ich hatte dort mit dem Tierschutz nichts zu tun. Ich weiß hundertprozentig, dass ich mich als Rentnerin aktiv engagieren möchte. Ich finde es immer schön, wenn ältere Leute sich eine neue Aufgabe suchen. In Griechenland zum Beispiel besteht ein größeres Problem für die Katzen. Da die Tiere dort nicht sterilisiert werden, können sie sich ungehindert auf der Straße vermehren. Tierschutz beginnt im Ursprungsland. Was bringt es, wenn die Tiere mit Transporten hergeholt werden? Die Tierheime sind hier schon voll.

Inter.Vista, Jana Majewski, Foto: Jennifer Fiola

Inter.Vista, Jana Majewski, Foto: Jennifer Fiola

Was geht Ihnen dann durch den Kopf?
Einpacken. Mitnehmen. Logisch. Mir geht es so, wenn ein Hund relativ gut aussieht und auf der Straße rumläuft, finde ich das nicht schlimm. Aber das Tier, dem es am schlimmsten geht, das könnte ich mitnehmen. Aber ich bremse auch für Ratten.(lacht)

Im Prinzip ist das hier ein Versuch der Wiedergutmachung für das, was andere Leute getan haben.

Könnte man das Altenheim für Hunde mit einem Altenheim für Menschen vergleichen?
Ja. Wir haben auch einen Rollstuhl. Malina läuft nicht mehr so weit. Sie kommt dann in den Hundewagen und wir gehen mit ihr spazieren. Ich bringe auch gerne meinen demenzkranken Vater mit ins Altenheim für Hunde. Er taut dann total auf. Ich finde immer schön, alte Hunde mit alten Menschen zusammen zu bringen.

Wäre auch ein schönes Projekt.
Ja. Ich bin dafür, in Altenheime Hunde mitbringen zu dürfen. Bei meinem Vater im Demenzheim haben sie einen Teddyhamster. Die wissen aber gar nicht, was sie damit anfangen sollen. Aber wenn ich mit meinen Hunden in das Demenzheim gehe, tauen die Leute auf und streicheln die Hunde.

Ist das nicht auch eine unheimliche emotionale Belastung?
Ja, am Anfang schon. Aber wenn man das jahrelang macht, nicht mehr. Die Hunde haben noch ein, zwei schöne Jahre bei uns, wenn sie Glück haben noch drei. Wenn dann ein Hund geht, ist das aber wie ein Volkstrauertag. Da geht es uns allen schlecht.

Was passiert, wenn ein Hund gehen muss?
Dem Hund wird immer die Hand gehalten. Es könnte immer passieren, dass man morgens rein kommt und der Hund liegt hier. Das ist aber noch nicht passiert. Wir merken das schon vorher und sagen einander Bescheid, außer wenn es schnell gehen muss. Bei Angie zum Beispiel ist die Milz geplatzt. Da kann man nicht mehr allen Bescheid sagen. Wir versuchen den Hund nicht mehr wegzubringen. Sie werden hier auf dem Gelände von einem Tierarzt eingeschläfert und nicht in die Tierarztpraxis gebracht. Das haben wir einmal gemacht und das war ein Fehler. Alle Hunde dürfen dabei sein. Jeder Hund geht damit anders um, aber die meisten wenden sich ab. Wir sagen auch nicht, die Hunde sterben, sondern sie gehen über die ›Regenbogenbrücke‹. Das ist eine schöne Vorstellung.

Was passiert mit dem Hunden nach ihrem Tod?
Wir haben die Möglichkeit, die Hunde zu beerdigen. Die Hunde bekommen kein Grab in dem Sinne, aber da ist eine Stelle, wo wir sie beerdigen dürfen. Auf unserem Gelände dürfen wir das nicht.

Auf welche Art setzen Sie sich noch für Tiere ein?
Das Einzige was ich noch mache ist Pferdereiten. Ich setze mich dafür aber nicht ehrenamtlich ein. Der andere Teil meines Lebens ist meine Familie. Ich habe einen kranken Mann und einen demenzkranken Vater. Außerdem arbeite ich Vollzeit. Das ist einfach eine Zeitfrage. Mein Tag hat auch nur 24 Stunden.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich bin gerne an der Elbe und fahre mit dem Boot. Außerdem bin ich in einer Band, mit der ich mich ab und zu mal treffe.

Sie sind in einer Band? Erzählen Sie mal.
Die Band heißt – jetzt aber nicht lachen –Die schweren Jungs. Sie besteht seit 2011. Die Mitglieder wechseln immer mal, wie in den meisten Amateur-Bands. Wir spielen vorwiegend Rockmusik, Oldies, aber auch Tanzmusik für Feste. Ich hab’ den Part der Sängerin. Da ich aber dienstlich nach Brandenburg versetzt bin, pausiere ich gerade. Aber als Gastsängerin trete ich immer mal mit auf.

Wo kann man die Band denn mal hören?
Wir treten nur sporadisch auf und haben uns erst vor kurzem gefunden, nichts Professionelles. Dafür aber ein ziemlich großes Repertoire. Letztens waren wir auf dem Ascherslebener Gildefest. Wir haben Spaß an der Musik und werden immer besser.

Was hören Sie für Musik?
Ich höre fast alles gerne, sogar Klassik. Nur Opern mag ich nicht.

Welche Künstler mögen Sie gerne?
Komischerweise zur Zeit deutsche Künstler, wie Adel Tawil und Gregor Meyle. Ich finde die Texte manchmal ganz witzig.

Was kann man tun, um im Altenheim zu helfen?
Einfach anrufen und fragen. Auf Facebook steht unsere Telefonnummer. Oder man schreibt uns direkt auf Facebook.

Juni 2017
Interview aus INTER.VISTA 4

Vista.Schon?
Jana Majewski ist in Magdeburg geboren und aufgewachsen. Sie studierte Volkswirtschaft und Wirtschaftsrecht und arbeitet heute bei einer großen Versicherung. Seit 2007 ist sie ehren amtlich im Altenheim für Hunde in Magdeburg tätig und unter anderem verantwortlich für die Finanzen. In ihrer Freizeit geht sie gerne reiten, ans Wasser und trifft sich mit ihrer Band. Ihr Lieblingsort in Magdeburg ist der Stadtpark, weil es dort eine schöne Hundewiese gibt. Magdeburg beschreibt sie mit den Worten grün, offen und viele Seen.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen