Er spielt Klavier und ist seit 2011 Sachsen-Anhalts Innenminister. Die Klaviatur des Politischen beherrscht er mittlerweile perfekt, obwohl es nicht sein Plan war, in die Politik zu gehen. INTER.VISTA erzählt er, wie aus einem politisch interessierten Menschen ein Politiker wurde, worin der Unterschied zwischen Freundschaft und Freundlichkeit besteht und wie seine ersten Eindrücke von den Sachsen-Anhaltern waren. Zudem verrät er uns, was er demnächst vorhat und woran Magdeburg noch arbeiten sollte.
Interview und Fotos: Franziska Peinelt und Adele Helfrich
Es ist 14.05 Uhr. Welchen Tee haben Sie heute schon getrunken?
Ich habe heute morgen einen Ostfriesensonntagstee getrunken. Ein schwarzer Tee mit leichtem Vanillegeschmack, da kommt ein bisschen Sahne und ein Kluntje Kandis rein.
Abseits von Terminen sieht man Sie Pfeife rauchen. Was verbinden Sie denn damit?
Das ist ein Stück weit Genuss und Ruhe, was ich mir gönne. Es gehört allerdings nicht zu den Dingen, die als besonders gesund gelten.
Sie sind 2000 in die Partei eingetreten, zwei Jahre später in den Landtag, nochmal neun Jahre später waren Sie Innenminister. Was kommt als Nächstes, Ministerpräsident?
Zunächst ist das Entscheidende, dass man im Amt, das man hat, sein Bestmöglichstes gibt. Gerade das Innenministerium ist kein leichtes, weil sie immer unterschiedliche Themen haben. Was als Nächstes käme, ist parteipolitisch. Ich bin im Augenblick Stellvertretender Landesvorsitzender der CDU und es wird so sein, dass ich mich im November zur Wahl als Vorsitzender der Partei stelle. Das ist das nächste Ziel, Landesvorsitzender dieser Partei zu werden.
Nach dem Blick nach vorn, ein Blick zurück: Wie wurde aus einem politisch interessierten Menschen ein Politiker?
Ich bin Jurist und habe seit 1995 als Staatsanwalt für Wirtschaftskriminalität gearbeitet. In meinem Wohnort Wellen fanden 1999 Kommunalwahlen statt. Ich war parteilos und in dem Ort gründete sich eine Wählergemeinschaft, die hieß Bürger für Wellen. Die Gründer fragten mich, wie man so etwas macht. Ich sei doch Jurist und müsste das doch wissen. Ich sagte ihnen aber auch, dass ich keineswegs aktive Politik machen wolle. Am dritten Abend gab‘s Rotwein und das war letztlich der Einstieg in die Politik. Ich habe mich überreden lassen zu kandidieren. Und dann machten wir Wahlkampf. Das fand ich erst gar nicht so schön, irgendwo klingeln und sagen, dass wir alles anders und besser machen werden. Aber wir gewannen die Wahl, mit 56 Prozent, glaube ich, ein ziemlich epochales Ergebnis. Im Oktober 1999 entschied ich dann auch die Bürgermeisterwahl für mich und somit hatte ich den Fuß in der Politik. 2000 kam Herr Webel, der war damals Landrat und Kreisvorsitzender der CDU und fragte mich, ob ich in die Partei eintreten und 2002 für den Landtag kandidieren möchte.
Also war es ein Zufall?
Ja, ich hatte das nie vor. Ich war nicht in der Jungen Union. Das hat mich gar nicht interessiert. Ich bin immer wählen gegangen, war politisch interessiert und las Zeitung. Aber wenn mir einer gesagt hätte, dass ich nach Ablegung des zweiten Staatsexamens nur sechs Jahre in diesem Beruf arbeite und dann später Innenminister würde, den hätte ich zum Arzt geschickt.
Sie sind Jurist. Was unterscheidet einen Politiker von einem Anwalt?
Das sind völlig unterschiedliche Bereiche. In der Juristerei gilt ausschließlich ein Sachverhalt. A schlägt B. Da gibt es eine nüchterne Subsumtion unter einem Gesetz, ob der Tatbestand erfüllt ist und ob man sich strafbar gemacht hat. Das ist die Lehre der Logik. Selbst in Gerichtsverfahren gelten klare Regeln, wie man miteinander umgeht. Es ist ein in sich sehr strukturierter Gedankenablauf mit allen Taktiken, die dazugehören. Das ist in der Politik anders. In der Politik ist es hilfreich, Jurist zu sein, aber es ist keine Voraussetzung. Ich habe lernen müssen, dass Wahrheit unterschiedlich ausgelegt wird. Die tatsächliche Wahrheit und die Wahrheit der öffentlichen Wahrnehmung.
Um gewählt zu werden, muss man bei den Leuten ankommen. Wie haben Sie als gebürtiger Niedersachse die Bürger aus der Börde von sich überzeugt?
Das hat für mich nie eine Rolle gespielt. Ich zog damals in den kleinen Ort Wellen und auf die Menschen bin ich freundlich zugegangen. Wir haben uns unterhalten und wenn sie mal einen juristischen Rat brauchten, dann habe ich gern geholfen und hatte manchmal am nächsten Morgen Eier oder Blumen vor der Tür. Den Unterschied zwischen Ost und West habe ich nie erlebt. Das fing erst an, als ich in die Politik ging. Meine Kinder verstehen das überhaupt nicht mehr. Ich habe zwei Jungs, 15 und 18. Die sind hier in Magdeburg geboren. Das sind Ur-Magdeburger. Mein Großer hat gerade Abitur gemacht und studiert jetzt Jura in Leipzig. Ich habe ihm gesagt, er könne in Halle studieren. Der hat mich fast zum Arzt geschleppt, weil Halle die ›verbotene Stadt‹ für jeden Magdeburger ist. (lacht) Er ist von der DNA her, wenn man so will, ›Ossi‹. Natürlich haben wir unterschiedliche Sozialisationen und hier mussten die Menschen nach der Wende mit Sicherheit manche schwierige Phase mit Arbeitslosigkeit und veränderten Lebensläufen durchlaufen. Aber für mich zählt der Mensch und ich habe mich nie verstellt. Ich bin so, wie ich bin. Ich lass mich nicht casten.
Als Politiker macht man sich nicht nur Freunde. Sie wurden von jungen Menschen zum Abschiebeminister 2018 gewählt. Was macht das mit Ihnen?
Ach wissen Sie, das habe ich ganz entspannt gesehen. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich für die Anwendung von Recht einen Preis bekommen. Wenn ich als Staatsanwalt eine vernünftige Anklage machte, hat mir keiner einen Koffer hingestellt und gesagt, dass ich gut bin. Jetzt wenden wir Recht an. Es ist die Rechtslage. Wenn wir das anders machen wollen, müssen wir die Gesetze ändern. Das hat auch nichts mit konservativ zu tun. Ich finde es nur beachtlich, dass man einen Preis dafür kriegt, dass man Gesetze einhält.
»Das ist die Rechtslage. Wenn wir das anders machen wollen, müssen wir die Gesetze ändern.«
Meistens sind Politiker eher ältere Herrschaften. Wie steht’s um den politischen Nachwuchs? Wie wichtig ist Ihnen ein Generationswechsel?
Es ist wichtig, dass sich junge Menschen politisch interessieren. Am Ende gibt es nicht den Staat, sondern wir sind der Staat. Das ist der Unterschied zu l’état c’est moi von Ludwig XIV. Jeder Einzelne hat die Chance, etwas im Kleinen zu bewegen. Insofern wünsche ich mir eine politisch engagierte und auch streitbare Jugend, die mitgestaltet, der wir auch frühzeitig in der Partei Verantwortung übertragen. Wir können nicht sagen, ihr kommt nur zum Plakate kleben und bringt der Oma zum Kaffeekränzchen Kaffee, dafür geht keiner in die Partei. Dort wollen sie Politik machen! Wenn es uns nicht gelingt, junge Leute dafür zu gewinnen, dann wären wir ein apolitischer Staat und überließen den Minderheiten das Krakeelen. Da fallen mir gerade die knapp 25 Prozent ein, die im Landtag sitzen, die ich nicht so gerne habe, die AfD. Das sage ich ganz deutlich. Ohne Nachwuchs wird es keine Volksparteien mehr geben, dann haben wir ein System, vielleicht mit Fünf- oder Sechs-Prozent-Parteien, da wird ein 80-Millionen-Land unregierbar.
Sie sagten am 3. März 2018 der MZ: »Wir müssen stärker eine Mitmachpartei werden, wir müssen jünger, weiblicher und erkennbarer werden«. Derzeit stehen im Landtag 19 Frauen 68 Männern gegenüber. Wie läuft es Ihrer Meinung nach mit der Emanzipation in der Politik?
Ich gehe mal davon aus, dass die Frauen, die im Landtag sitzen, schon emanzipiert sind. Die Frage ist, warum so wenige Frauen in politischen Ämtern sind. Das hat einerseits was damit zu tun, dass eine Zeit lang, Männer Frauen weggedrückt haben. Andererseits nehme ich aber wahr, dass viele Frauen kommen und gerne in Ämter möchten. Man rückt aber nicht automatisch in den Landtag.
Gibt es denn nicht genug Frauen, die so motiviert sind?
Ich würde mir mehr wünschen.
Sie sind auch Sportminister. Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihren Söhnen Fußball gespielt?
Das ist drei Wochen her. Wir haben im Garten ein großes Fußballtor, die Kinder haben immer die Sorge, dass ich über das Grundstück ballere. (lacht)
Als Minister sind Sie mittlerweile eine stark geschützte Person. Wie hat das Ihr Leben verändert?
Es ist eine Umgewöhnung. Man lernt sich zu disziplinieren. Wenn wir in einer Runde irgendwo am Tisch sitzen und mal einen Witz machen, da müssen Sie erst mal links und rechts gucken, dass keiner mitschreibt, weil manchmal ein Halbsatz reicht, um Theater auszulösen. Mit solchen Sachen fängt es an. Man kann nichts mehr machen, ohne dass es auffällt. Da willst du Zahncreme kaufen und dann stehen da zwei Autos mit Blaulicht und die Leute denken, es sei ein Banküberfall. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt. Schwieriger war das für meine Kinder. Die hatten es in der Schule nicht immer leicht, das muss man deutlich sagen. Das verändert ein Familienleben.
Und wie ist Ihr Verhältnis zu Journalisten?
Professionell und fair. Wenn die Kamera aus ist, sage ich aber den Journalisten manchmal auch, dass sie hätten anders agieren können. Sie sagen es mir ja auch. Journalismus ist ein eigenes Thema. Ich beobachte schon eine Veränderung. Früher gab es die reine Berichterstattung und den Kommentar. Das ist für mich klassischer Journalismus. Heute hat man größtenteils einen kommentierenden Journalismus, was ich verkehrt finde, weil er der Geschichte einen Spin gibt und wertet. Dann haben die Medien natürlich auch Personalnot. Da sind sie im Mantelteil Journalist, an einem Tag schreiben sie einen Kommentar über eine medizinische Untersuchung, tagsdrauf über den Wolf und am nächsten Tag über innere Sicherheit. Immer der gleiche Kommentator, der weiß alles. Ich kann mich aber über die Presse in Bezug auf meine Person nicht beschweren, wir gehen sehr pfleglich miteinander um. Wer aber als Politiker glaubt, mit Journalisten befreundet zu sein, der irrt – das ist die Vorstufe vom Ende. In dem Augenblick, in dem man selbst Objekt der Berichterstattung wird, ist die Freundschaft zu Ende. Man muss sich immer vor Augen halten, dass man in unterschiedlichen Professionen unterwegs ist.
Wir haben gesehen, dass Sie beim Benefizkochen für an Mukoviszidose erkrankte Menschen in der Küche standen. Wie oft stehen Sie zuhause am Herd?
Wenn ich Urlaub habe, koche ich eigentlich ganz gerne. Wir fahren nicht immer ins Hotel und dann koche ich. Ich finde das ganz entspannend.
Was kochen Sie denn gerne?
Wenn ich Zeit hätte, dann würde ich ein richtig gutes Menü machen. Als Vorspeise ein gemischter Salat, danach Nudeln. Als Hauptgang einen frischen Fisch mit Reis dazu. Und zum Nachtisch können wir uns noch was überlegen. Dazu einen schönen kalten Weißwein.
Apropos Weißwein, was halten Sie denn von Saale-Unstrut-Weinen?
Die Weißweine finde ich richtig gut. Ich trinke aber auch gerne Frankenweine.
Sie spielen Klavier. Wann haben Sie damit angefangen und wie war Ihr Klavierlehrer?
Mit fünf Jahren. Ich hatte mehrere Klavierlehrer, am Anfang einen strengen. Da musste ich Czerny und sowas spielen. Das war furchtbar langweilig. Dann bekam ich jemand Nettes. Während des Studiums war ich mit einem Konzertpianisten befreundet. Das war dann aber kein Unterricht mehr, sondern ausschließlich Freude. Strenge Lehrer sind am Anfang nicht gut, weil sie das Kind eher von etwas abschrecken. Musik ist eine Neigungssache und soll Spaß bringen.
Für das letzte INTER.VISTA-Heft interviewten wir Umweltministerin Claudia Dalbert. Sie hat auf ihrem Schreibtisch einen grünen Teddy stehen. Besitzen Sie auch so einen Glücksbringer?
Ich habe drei Sachen auf meinem Schreibtisch. Einen holzgeschnitzten Engel, den ich von der Kirche geschenkt bekam und eine blaue Kiste, in der ein Clown an einer Feder ist. Wenn man den Deckel zumacht, springt der Clown wieder raus. Das war ein Geschenk meiner Frau. Sie sagte mir, dass nach einem gelösten Problem gleich das nächste kommt. Zudem steht auf meinem Schreibtisch eine Eule, die ja Weisheit symbolisiert.
Sie kommen ursprünglich aus Hannover. Was hat den Umzug von Niedersachsen nach Sachsen-Anhalt überlebt?
Mein Klavier, Bilder, die ich gesammelt habe, alte Möbel aus der Familie sind auch noch da. Es ist eher die Frage, was neu ist, denn ich habe viele Sachen mitgenommen.
Welche familiären Bindungen oder Traditionen sind Ihnen wichtig?
Zum Beispiel mit meinem Cousin. Wir waren beide Einzelkinder und sind wie Brüder aufgewachsen. Er wohnt noch in Hannover. Wir treffen uns regelmäßig. Zum Geburtstag meiner Großmutter, in memoriam an diese großartige Frau findet jedes Jahr ein Familientreffen statt.
Was waren Ihre ersten Eindrücke, als Sie zum ersten Mal beruflich nach Magdeburg gekommen sind?
Die Menschen hier fand ich sehr unkompliziert und freundlich. Ich erzähle Ihnen mal von einer Begebenheit. Ich esse für mein Leben gerne Heide-Honig auf dem Brötchen. Beim Einkaufen im Markt stand ich vor einem Regal, da kostete ein Glas Honig acht Mark und die Verkäuferin sagte: Nehmen Sie den billigeren, den haben wir hier. Das hätten Sie in Hannover nicht erlebt. Die hätten eher gefragt, ob es von dem teuren noch ein zweites Glas sein kann. (lacht) Das war nicht so gestelzt, weil die Gesellschaft nicht so saturiert war. Wenn Sie im Westen in einer Stadt sind, haben Sie eben auch Ecken, wo Sie merken, dass Vermögen manchmal auch oberflächlich macht. Das war hier nicht so und das fand ich alles sehr angenehm. Ehrlich und unverstellt. Die Stadt sah 1995 anders aus. Als ich hier aus dem Zug ausstieg, war unglaublich viel kaputt. Ich finde, Magdeburg hat sich gut entwickelt.
»Den Unterschied zwischen Ost und West habe ich nie erlebt. Das fing erst an, als ich in die Politik ging.«
Kannten Sie Magdeburg schon vorher?
Ich war 1995 das erste Mal hier. Zufall. Ich war damals noch als Bundeswehr-Stabsoffizier mit Befähigung zum Richteramt tätig und hatte mich beworben. Ich wollte mich beruflich verändern und hatte im Mai hier ein Vorstellungsgespräch und konnte auch sofort anfangen. Magdeburg liegt strategisch günstig. Ich bin schnell in Berlin, Leipzig, Halle und in Hannover. Die größte Herausforderung war 1995 ein Haus zu finden. Ich hatte keine Lust, wenn ich mal um 23 Uhr Chopin oder Jazz höre, dass einer mit dem Besen klopft. Deshalb bin ich in Wellen gelandet, weil es dort die einzigen freistehenden Häuser gab, die schon fertig waren.
Sie waren eine Zeit lang als Dozent an unserer Hochschule tätig. Vermissen Sie manchmal das Dozentendasein und den Kontakt zu jungen Leuten?
Ich habe Grundlagen Recht gelehrt und das ausgesprochen gerne gemacht.
Wenn wir Ihren Nachbarn über Sie ausfragen würden, was erzählt er uns dann?
(lacht) Mir fällt keine Antwort dazu ein.
Haben Sie gute nachbarschaftliche Verhältnisse?
Ja. Ich begegne Menschen freundlich, rede aber ungern über meine Eigenschaften. Das ist schwierig, weil ja immer Eigen- und Fremdwahrnehmung existieren. Aber wir haben ein gutes Verhältnis, wir unterhalten uns über den Gartenzaun und trinken auch mal ein Bier zusammen. Ich habe einen Nachbarschaftsgrundsatz: Be friendly, but no friendships. Das ist besser, weil sich das Leben verändern kann.
Sie haben keine Freunde am Arbeitsplatz?
Nein, in diesem Sinne nicht. (lacht) Es ist eine Frage, wie Sie Freundschaft definieren. Ich bin Chef. Sie müssen sich gute Leute zu Freunden machen, aber jetzt nicht in dem Sinne, dass Sie ihnen alles erzählen. Wenn Sie versuchen, Freunde in einem Unternehmen zu guten Leuten zu machen und die Sache scheitert, haben Sie ein großes Problem. Wenn Sie mit jemandem freundlich umgehen und sich gut verstehen, haben Sie die Möglichkeit, dem auch mal zu sagen, was blöd gelaufen ist. Ein gutes Verhältnis, aber es gibt keinen emotionalen Vorlauf. Das muss jeder für sich entscheiden.
Sie gelten als guter Netzwerker. Ist das eine wichtige Grundlage?
Natürlich gehört das dazu, pfleglich und freundlich miteinander umzugehen. Das ist auch wichtig im Leben. Wenn ich morgens aufwache, habe ich gute Laune. Es gibt welche, die wachen morgens auf und überlegen sich, wem sie eine reintreten können. Das ist nicht meins. Nie jemanden zuerst ärgern. Ich bin Langstreckenläufer, habe einen langen Atem, aber ich fange nie an. Wenn mich einer ärgert, dann kann ich auch schon sportlich werden. Man muss den Menschen so akzeptieren wie er ist, mit seinen Stärken und Schwächen. Eugen Roth hat das ganz kurz gefasst: Ein Mensch fühlt oft sich wie verwandelt, sobald man menschlich ihn behandelt.
Sie haben einen Fahrer. Wie ist Ihre Beziehung zu ihm? Auch friendly?
Genau. Ich habe Personenschützer und einen Fahrer. Wir sind ja meistens von morgens 7 bis 22 Uhr zusammen.
Sie sagten mal, Konservativismus sei nicht, alles so zu bewahren, wie es ist, sondern sich zu fragen, was bewahrenswert und was fortzuentwickeln ist. Was bedeutet das für Magdeburg?
Bewahrt und erhalten werden sollten die historischen Bauwerke. Es ist gut, dass sie saniert wurden. In Sachen Fortentwicklung wünsche ich mir, dass die Elbe stärker in das Leben einbezogen wird. Ich verstehe nicht, dass der Fluss größtenteils nicht so richtig in die Stadt integriert ist. Da würde ich mir wesentlich mehr wünschen. Auch auf der gegenüberliegenden Seite, wo das MDR-Funkhaus ist, könnte man überlegen, ob man da mal eine Bebauung zulässt, um da mehr Leben reinzukriegen. Dann unterstütze ich eindeutig die Kulturhauptstadt-Bewerbung. Da ist noch mehr machbar. Es ist schön und gut, was auf dem Magdeburger Domplatz passiert, auch dieses Jahr mit Jesus Christ Superstar. Aber man müsste mal die Netrebko herholen. Das kostet zwar Geld, lohnt sich aber. Das sind Alleinstellungsmerkmale. Wir bräuchten hier noch etwas, das mehr überregional zündet. Da hat Magdeburg Potenzial, es hat sich in 20 Jahren super entwickelt. Aber ich glaube, ein Hauch von mehr Weiträumigkeit oder Weltengelassenheit würde ich mir noch wünschen.
Denken Sie, Magdeburg wird 2025 Kulturhauptstadt?
Die Chancen sind vorhanden. Das muss jetzt aus- und aufgebaut werden. Warum denn nicht?
Juni 2018
Interview aus INTER.VISTA 6
Vista.Schon?
Holger Stahlknecht, geboren 1964, kommt aus Hannover. Er absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Osnabrück und arbeitete bis 2002 als Staatsanwalt für Wirtschaftskriminalität in Magdeburg. Zwischen 2006 und 2011 hatte er zudem einen Lehrauftrag (Recht) an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Seine politische Karriere begann er als Bürgermeister in Wellen (Sachsen-Anhalt), 2000 trat er in die CDU ein und ist seit 2002 auch Mitglied des Landtages. Seit 2011 ist er Innenminister von Sachsen-Anhalt. Im November 2018 wurde er zum Landesvorsitzenden der CDU gewählt. Für ihn spielt Familie eine große Rolle, aber auch Klavier spielen, Pfeife rauchen und Teetrinken kommen bei ihm nicht zu kurz. Gefragt, welche drei Begriffe ihm zu Magdeburg einfallen, antwortete er: Dom, Elbe, FCM.
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