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Lena Gehlfuß

Kuchen, Torten und Cookies sind bei Lena Gehlfuß Herzensangelegenheiten. Die Liebe zum Backen wurde der 37-Jährigen mit in die Wiege gelegt. Zusammen mit Melanie Weber hat sie letzten Oktober den Weg in die Selbstständigkeit gewagt und das Café Herzstück eröffnet. Warum es nicht Streuselpeter heißt und weshalb sie beim Backen immer auf volles Risiko gehen, erzählt sie im Interview mit Inter.Vista.

Interview und Fotos: Kevin Grabowski 


Dein Sohn hält sich häufig im Laden auf. Backt er denn auch gerne?
Ja, der liebt das wirklich. Er hat das schon immer geliebt und fand es schön bei mir auf der Arbeitsfläche zu sitzen und Küchenchaos zu veranstalten, also Eier aufzuschlagen oder mit Fondant und Perlen zu spielen. Der findet das toll, er wird das Herzstück-Imperium mal übernehmen. (lacht)

Wie hast Du die Liebe zum Backen entdeckt?
Früher hat meine Oma väterlicherseits ganz gern gebacken. Wir backen nach handgeschriebenen Rezepten von ihr. Meine Familie zelebriert Geburtstage mit einer besonders schönen Torte. Da passt dann der Blumenstrauß zum Geschenkpapier. Ich bin so aufgewachsen. Wir backen und wir kochen gerne. Das ist meine Familie. Als dann mein Sohn da war, wollte ich ihm zum ersten, zweiten und dritten Geburtstag außergewöhnliche Torten machen. So bin ich an diese Fondantfummelei und Motivtorten gekommen. Das Ganze hat sich dann verselbstständigt.

Die Fondanttorten sind sehr anspruchsvoll zu gestalten. Hast Du dafür einen Kurs belegt?
Durch viele YouTube-Tutorials und Bücher und Zeitschriften habe ich mir alles autodidaktisch angeeignet. Ich habe alles gebunkert, was man so besitzen kann zu dem Thema. Aber am 30. Mai fahre ich nach Langenfeld zu Sharon Wee. Darauf freue ich mich schon ganz lange. Ich verfolge sie schon seit vielen Jahren auf Facebook. Sie bietet Tutorials und Masterclasses an, die man sich kostenpflichtig herunterladen kann. Jetzt bietet sie endlich einen Kurs in der Cake Company in Langenfeld an.

»Ich frage mich immer, wie etwas nur so gut schmecken kann.« 

Wo sammelst Du Ideen für Rezepte?
Das ist ganz unterschiedlich. Also mittlerweile haben wir viele Basisrezepte für unsere Cheesecakes und Cookies, die wir dann abwandeln. Wenn das Basisrezept erstmal funktioniert, dann hat man eine tolle Grundlage. Unser Cookie­rezept ist übrigens unser Geheim­rezept, das wir nicht rausgeben. Ansonsten besitzen wir wirklich eine Bibliothek an Backbüchern. Bezeichnend dafür ist zum Beispiel, dass ich letztens in der Stadt war, um mir Schuhe zu kaufen und dann doch mit zwei Backbüchern nach Hause kam. Des Weiteren informieren wir uns viel im Internet. Zum Beispiel ist Pinterest eine super Plattform um so etwas herauszusuchen. Meistens lassen wir uns aber wirklich nur vom Titel inspirieren und setzten die Rezepte dann auf unsere Art und Weise um.

Wie viele Backbücher sind in Deiner Bibliothek?
Zusammen haben wir rund 150.

Kommt dann irgendwann das eigene Backbuch?
Ja. Wir werden ein Herzstück-Backbuch herausbringen. Das Beste daran ist, dass unsere Follower ihre Lieblingsrezepte einsenden können. Die drei besten Lieblingsrezepte unserer Fans kommen mit Foto ins Buch.

In welchen sozialen Netzwerken seid Ihr aktiv?
Instagram und Facebook. Die Herzstück-Seite auf Facebook war vorher meine private. Die hieß vorher Herz aus Zucker. Da hatte ich bereits eineinhalbtausend Follower.

Wie häufig backst Du noch zu Hause?
Das ist weniger geworden. Wir haben Montag und Dienstag zu. Jeden Dienstag treffen wir uns um 9.00 Uhr und besprechen den Wochenplan, fahren einkaufen und fangen an, alles vorzubereiten. Wir arbeiten im Schnitt 70 Stunden in der Woche. Ich gehe morgens um 7.00 Uhr mit meinem Sohn aus dem Haus, bringe ihn zur Schule und fahre hier her. Abends sind wir vor 18.00 oder 19.00 Uhr nicht zu Hause. Wenn ich mal frei habe und eine Familienfeier anliegt, dann backe ich auch. Aber ich ärgere mich auch nicht, wenn meine Schwester sagt »Heute backe ich den Kuchen«.

Was passiert denn mit dem Kuchen, der übrig bleibt?
Der Kuchen, der sonntags übrig bleibt, wird meistens unter uns aufgeteilt. Mein Freund arbeitet in Zielitz im Dreischichtsystem, und wenn er sonntags keinen Kuchen mitbringt, dann sind seine Kollegen traurig. Die ganze Schicht wird mit Kuchen versorgt. Ansonsten essen wir ja auch gerne Kuchen.

»Sie sollen nicht nur ins Herzstück kommen, sondern auch zu uns, zu Lena und Melli.« 

Wie variiert Ihr eure Grundrezepte?
Wir haben ein wöchentlich wechselndes Angebot. Meistens bomben wir uns von Sonntag bis Montag mit irgendwelchen Kuchenrezepten- oder Bildern zu, so dass wir Dienstag­vormittag eine Auswahl von ungefähr 30 verschiedenen Kuchen haben. Aus denen wählen wir dann unser Wochensortiment aus. Also wir haben immer einen Gugelhupf dabei, ein oder zwei Cheesecakes, zwei Blechkuchen, zwei vegane Varianten, Cupcakes und Cookies sowie irgendetwas Tortiges. Inspiriert von Bildern aus Back­büchern, Pinterest und so weiter, wird dann entschieden, was wir in unseren Basiskuchen hinein drapieren. Also in einer Schokoladenwoche kommt dann ein weißer Schokoladenkuchen raus. Wir hatten aber auch schon mal eine Zitruswoche oder einfach nur das Motto »Grün«. Meistens entscheiden wir aus dem Bauch heraus.

Probiert Ihr die Dinge vorher aus?
Nein, das machen wir nicht. Volles Risiko. Das ist der Grund, warum wir bei manchen einfach auf Basisrezepte zurückgreifen, weil die funktionieren.

Was passiert, wenn etwas übrig bleibt?
Alle Milchprodukte sind gekühlt. Der Gugelhupf steht draußen unter einer Glocke, das tut dem nichts, dass der nicht gekühlt ist. Alles andere steht in Kühlschränken. Die Kühlkette wird nicht unterbrochen, wir können den Kuchen also auch noch am nächsten Tag anbieten. Bleiben jetzt mal nur zwei Stücke übrig, dann bieten wir die am nächsten Morgen nicht mehr mit an, weil wir das auf der Platte einfach hässlich finden. Das wandert dann eben in die Schichtkartons meines Freundes. Ab dem dritten Tag würden wir auch das nicht mehr anbieten. Schon wegen der eigenen Qualitätsansprüche. Der Kuchen soll nun mal so richtig schön frisch sein.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Melanie und Dir entstanden?
Ich war schon länger mit ihrer Mutter befreundet und Melli suchte nach einem Objekt für ihr eigenes Café. Sie hat sich auf das amerikanische Backen spezialisiert, also Cookies, Cupcakes und Cheesecakes. Das ist ihr Metier. Irgendwann war ich hier in der Nähe und wartete auf eine Freundin. Ich bin dann hier reingegangen, weil mir so kalt war. Beim Rausgehen sah ich, dass ein Nachmieter gesucht wird. Innerhalb von zwei Minuten hatte ich den Laden mit meinem inneren Auge eingerichtet. Ich wollte damals aber noch einen Rechtsstreit von einem Unfall abwarten. Von der Abfindungs­summe würde ich dann den Schritt wagen, aber nicht allein. Als ich dann mal wieder bei ihrer Mutter war, erzählte sie mir, dass Melanie gerade dabei sei, diesen Laden zu kaufen und daraus ein Café zu machen. Ich war am Boden zerstört. Drei Tage haderte ich. Dann habe ich ihr quasi eine Bewerbungs-SMS geschrieben. Melanie war gleich begeistert. Wir wollten das Gleiche und das bis heute.

Inter.Vista, Lena Gehlfuß, Foto: Kevin Grabowski

Inter.Vista, Lena Gehlfuß, Foto: Kevin Grabowski

Wie groß ist Euer Team?
Unser Koch Mario ist unser einziger Festangestellter. Dann haben wir noch zwei junge Aushilfen. Im Zweifelsfall muss die Familie mit ran. Meine Schwiegermutter oder Melanies Mutter sind häufig da und springen in der Küche mal mit ein. Mein Freund ist quasi zuständig für alles Grobe. Wenn irgendetwas kaputt ist, muss er das reparieren. Wenn schwere Sachen zu transportieren sind, muss er das machen. Melanies Schwager kümmert sich um unser Kassensystem. Es ist eben ein Familienbetrieb.

Es ist schön zu hören, dass die ganze Familie Euch unterstützt.
Stimmt. Mein Sohn freut sich immer, wenn er den Tisch abräumen oder das Kaffeepulver vor der Mühle wegpinseln darf. Das ist für ihn das Größte. Dann sagt er immer, dass er das Ladenkind sei. Dann kommt nach zwei Minuten immer schon die Frage, wie viel er in der Stunde verdiene.

Du hast erzählt, dass Du 70 Stunden in der Woche arbeitest. Wie gehst Du damit um?
Wir machen das wirklich gerne. Mitunter habe ich, gerade was meinen kleinen Sohn anbelangt, ein schlechtes Gewissen, dass ich so gerne hier her fahre. Teilweise Sonntagfrüh um sieben. Andere wären bedient, dass sie den Sonntag nicht zu Hause verbringen können. Für mich ist es die schönste Zeit, weil alles so ruhig ist. Keiner ist unterwegs und die Sonne geht auf. Jedoch kollidiert dieses Glücksgefühl mit dem Wunsch, mehr Zeit mit dem Kind zu verbringen. Es ist aber auch geplant, dass wir mit unseren Stunden runter gehen. Es war uns bewusst, dass das erste Jahr anstrengend wird.

Klingt nach dem perfekten Job.
Ja, alles, was wir machen, ist für uns. Wir müssen keinem Rechenschaft ablegen. Bezeichnend dafür ist, dass Melanie mich einmal fragte, ob sie einen Schal im Laden tragen könnte. Selbstverständlich. Sie kann meinetwegen mit einem Clownskostüm da stehen. Das ist unser eigener Laden.

Wie seid Ihr auf den Namen Herzstück gekommen?
Durch meine Schwester. Also Melanies Webseite heißt Fräulein Zimt und meine hieß Herz aus Zucker. Wir spielten lange mit den Worten herum, fanden aber nichts Passendes. Mit der Familie machten wir dann ein Brainstorming. Der witzigste Name kam übrigens von meinem Schwager. Er schlug Streuselpeter vor. Meine Schwester kam dann auf die Idee Café Herzstück. Da wir das von Herzen gerne machen und das Stück steht für Kuchenstück.

Was hebt Euer Café von anderen in Magdeburg ab?
Ich würde nicht sagen, dass unser Kuchen immer besser ist, aber in anderen Cafés finde ich Kuchen oft trocken, Cremes sind nur aus Butter und manche Tees schmecken abgestanden. Manche Cafés arbeiten mit Fertigprodukten. In unserem Stil gibt es rein optisch nichts Vergleichbares in Magdeburg. Und für die Größe unseres Ladens haben wir ein großes Kuchenangebot. In anderen Cafés arbeitet Personal, aber die Chefin ist nicht da. Wir würden den Laden nie allein lassen. Die Leute sollen zu uns kommen, nicht nur um Kuchen zu essen. Wir geben dem Laden eine persönliche Note, indem wir Leute persönlich begrüßen und uns an ihr Lieblingsgetränk erinnern oder an das, was sie gerne mögen. Sie sollen nicht nur ins Herzstückkommen, sondern auch zu uns, zu Lena und Melli.

 »Wir würden den Laden nie alleine lassen.« 

Ihr bietet auch vegane Kuchen an. Bist Du selber Veganerin?
Ich nicht. Ich bin eine Schnitzel­esserin. Melanie ist Vegetarierin und hat sich auch eine ganze Zeit lang vegan ernährt, damit sie darüber genau bescheid weiß. Und ich ärgere sie dann gerne. (lacht)

Ihr habt im Oktober 2015 das Café eröffnet. Schon darüber nachgedacht, Euch zu erweitern?
Im Moment ist der Gedanke erstmal weggeschoben. Wir wollen ja eigentlich nur Kuchen backen. Unser Finanzberater sagt aber auch immer, dass wir zu viel an das Finanzamt zahlen würden, wenn wir nicht investieren. Bei einem zweiten Laden müssten wir uns trennen und das können wir auf keinen Fall. Wir ziehen es aber in naher Zukunft mal in Erwägung.

Was ist Dein Lieblingsrezept?
Weiße Schokoladen-Himbeer-Cookies. Die liebe ich wirklich. Man weiß genau, wie die schmecken. Dann liegen die in der Küche, sind noch lauwarm und du gehst nach hinten und beißt hinein. Ich frage mich immer, wie etwas nur so gut schmecken kann.

Interview aus INTER.VISTA 2

 

Vista.schon?
Lena Gehlfuß ist 1979 in Magdeburg geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau. Außerdem studierte sie Bildungswissenschaften, konnte dies jedoch aufgrund eines Unfalls nicht abschließen. Während ihres Genesungsprozesses entschloss sie sich zusammen mit Melanie Weber das Café Herzstück in Stadtfeld zu eröffnen. Sie ist gern im Grünen wie zum Beispiel im Stadtpark oder in Prestau. Magdeburg beschreibt sie als jung und kulinarisch.

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