Wenn die meisten noch von Frühstücksbrötchen träumen, steht Bernd Ebel schon seit Stunden in der Backstube. Den Geruch von frisch gebackenen Brötchen und Kuchen bekommt der Konditor nie ganz aus seiner Nase, da sein Arbeitsplatz auch sein Zuhause ist. Der Familienbetrieb besteht schon seit 117 Jahren und ist den meisten Magdeburgern als ›bester Bäcker der Stadt‹ bekannt. Was ist das Erfolgsrezept? Inter.Vista durfte mal hinter den Kulissen schnuppern.
Interview und Fotos: Anne Streicher
Wo versteckt Ihr Eure Rezepte, so dass sie niemand klauen kann?
Im Kopf. Was nützt mir das, wenn es irgendwo geschrieben steht? Das ist keine Garantie dafür, dass es am Ende genauso schmeckt. Jeder backt anders. Schon das Backen in einem anderen Ofen unterscheidet sich in Feinheiten.
Wolltest Du schon immer Konditor werden?
Ja. Ich war bei meinen Eltern mit im Betrieb und wollte alles lernen. Ich bin damit aufgewachsen. Man kennt nur dieses Leben und weiß, dass es nicht so ist, wie in anderen Familien.
Seit 117 Jahren seid Ihr ein Familienbetrieb. Es gab Zeiten, als zwei Generationen an einem Arbeitsplatz arbeiteten. Wie hat das funktioniert?
Das war schon schwierig wegen des Generationskonflikts. Als junger Mensch hat man andere Ideen, will vieles umschmeißen. Doch der Vater will am Altbewährten festhalten, weil es schon immer so gemacht wurde.
»Ich stehe Um Mitternacht auf und bin bis mittags in der Backstube.«
Ihr habt das Geschäft in der DDR erlebt. Welche Unterschiede siehst Du zu heute?
Damals gab es nur eine Sorte Brötchen, nur helle Semmeln und Misch- oder Kastenbrot in endlosen Massen. Heute gibt es mehr Vielfalt, aber in kleineren Mengen. Das Sortiment wäre vom Arbeitsaufwand sonst nicht zu schaffen.
Mittlerweile seid Ihr als ›bester Bäcker Magdeburgs‹ bekannt. Was ist Euer Erfolgsrezept?
Die Liebe zum Beruf. Und es anders zu machen als die anderen. Wir stehen für Frische und Qualität und sind unseren Kunden gegenüber ehrlich, wenn es um Produkte vom Vortag geht. Die Leute sollen selbst entscheiden, ob sie es kaufen wollen. Ehrlichkeit bewährt sich! Ansonsten verliert man die Kunden, die dann zum Supermarkt gehen.
Soll es weitere Filialen von Euch geben?
Nein. Dafür müssten wir komplett neu bauen, da der Betrieb hier viel zu klein ist. Vielleicht würde auch die Qualität darunter leiden, wenn wir mehr Mitarbeiter beschäftigen. Ich müsste mich immer vergewissern, dass alles vernünftig abläuft. Je größer man wird, desto schwieriger ist es.
Könntest Du dir vorstellen, woanders als in Magdeburg zu leben?
Nein. Mein Uropa hat schon in der Arndtstraße gebacken und meine Uroma hat die Backwaren dort auch verkauft. Diese Tradition wollte ich beibehalten. Aber hätte ich einen anderen Beruf, um mein Leben zu bestreiten, würde ich die Berge wählen.
Ist Magdeburg schöner als sein Ruf?
Ich weiß nicht welchen Ruf Magdeburg hat. Langweilig ist diese Stadt nicht, es gibt viel zu erleben. Wer Lust auf Picknicken hat, kann das in so vielen offenen Parks tun. Meine Familie und ich lieben unser Magdeburg.
»Wir essen lieber unser eigenes Brot.«
Wie sieht Dein Arbeitsalltag aus?
Viel Arbeit, wenig Freizeit. Ich stehe um Mitternacht auf und bin bis mittags in der Backstube. Dann schlafe ich. Nachmittags bin ich wieder im Laden, um Vorbereitungen für den nächsten zu Tag treffen. Sonntag haben wir geschlossen. Das ist der einzige Tag, an dem wir etwas Freizeit haben. Im Sommer bin ich dann viel im Garten und versuche etwas Ruhe zu bekommen. Denn ab und zu fällt doch noch Arbeit an, die man unter der Woche nicht geschafft hat.
Was ist die größte Herausforderung beim Backen?
Brot. Mein Opa hat immer gesagt: »Einen Sauerteig musst du behandeln wie ein kleines Baby.« Der darf weder zu kalt noch zu warm stehen. An heißen Sommertagen ist das manchmal nicht so leicht. Dafür muss man ein Händchen haben.
Was hältst Du von industriellen Backwaren?
Das ist ziemlich schockierend, wenn ich auf die Inhaltsliste schaue. Und die Preise sind so günstig – das kann eigentlich nicht wahr sein. Aber die Industrie wird stark gefördert, da kann man als ›kleiner Mann‹ nichts machen und muss seine eigene Sparte finden. Es ist sinnlos dagegen anzukämpfen. Wir erreichen die Kunden, die Qualität wertschätzen und diese bewusst kaufen. Leute, die auf geringere Qualität und kleine Preise aus sind, können wir nicht erreichen. Und das ist auch okay.
»Meine Familie und ich lieben unser Magdeburg.«
Könntest Du bei einer Blindverkostung ein Industrie-Brötchen von einem Bäcker-Brötchen unterscheiden?
Davon gehe ich mal aus. Das Gewicht ist ausschlaggebend. Industrielle Brötchen sind groß und leicht, handwerkliche sind kompakt und schwer. Wenn du Brötchen vom Handwerksbäcker anschneidest, duften die nach Hefe, die vom Industriebäcker riechen nach Chemie.
Gibt es ein typisch ostdeutsches Gebäck?
Quarktaschen. Die machte mein Opa schon. Es kommen auch Kunden, die das Kastenbrot schon vor 45 Jahren bei meiner Oma gekauft haben und die erzählen, dass es immer noch wie damals schmeckt.
Was ist das Lieblingsgebäck der Magdeburger?
Bei uns sind es die Franzbrötchen, die meine Frau vor sechs Jahren in Hamburg das erste Mal gegessen hatte. Die wollten wir mit in unser Angebot nehmen. Wir haben sehr lange an der Rezeptur gearbeitet. Das hat ›vier Teige und Wochen gedauert‹. Einige westliche Vertreter fragten uns, warum unsere Franzbrötchen so flach seien? Dazu sage ich nur: Wir wollen sie saftig und schmackhaft und machen bewusst Abstriche bei der Größe. Optik ist nicht alles.
»Das hat >vier Teige und Wochen gedauert<.«
Achtet Ihr auf die neuesten Trends?
Überhaupt nicht, weil die oft kurzlebig und nicht sehr ausgewogen sind, wie beispielsweise die glutenfreie Ernährung. Die Allergien vermehren sich erst jetzt, früher gab es die alle nicht. Unsere Kunden sind meistens etwas älter und kaufen die Produkte schon seit Jahren. Altes bewährt sich eben doch oft.
Hast du einen Lieblingsbäcker?
Wir sind sehr wählerisch. Wir essen lieber unser eigenes Brot. (lacht) Aber wir gehen gerne in verschiedene Cafés zum Kuchen essen. Und im Urlaub suchen wir immer nach dem besten Bäcker der Gegend.
Wenn Du mal vor der Theke stehst, was lacht Dich am meisten an?
Kuchen. Und dazu eine Tasse Kaffee, das ist immer etwas Schönes!
Februar 2018
Interview aus INTER.VISTA 5
Vista.Schon?
Bernd Ebel wurde 1970 in Magdeburg geboren. Den Familienbetrieb Bäckerei Ebel führt er schon in vierter Generation. Als gelernter Konditor und Bäckermeister backt er zusammen mit seiner Frau und vier Mitarbeitern fast rund um die Uhr. Seine Tochter macht in einem anderen Betrieb ebenfalls eine Ausbildung zur Konditorin. Wenn er sonntags mal nicht arbeitet, hält er sich am liebsten im Schrebergarten auf oder spaziert mit Frau und Hund an der Elbe entlang. Als gebürtiger Magdeburger fühlt er sich seiner Heimatstadt sehr verbunden. Für ihn hat sich die Stadt seit der Wende sehr entwickelt.
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