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Christoph Schödel

Das Mikrofon ist an und das ›On Air‹-Symbol leuchtet rot. Im Studio steht ein Moderator, der meistens dann arbeitet, wenn andere Leute schlafen. Christoph Schödel kam mehr oder weniger zufällig zum Radio, ist aber seit mehr alszehn Jahren mit Leidenschaft bei der Sache. Inter.Vista erzählt er von seinen schönsten Momenten als Moderator, über die Faszination Radio und erklärt, warum er mal nach einer Sendung am liebsten im Boden versunken wäre.

Interview und Fotos: Tobias Barthel

Christoph, in Deinem Job hast Du fastjeden Tag mit Musik zu tun. Welcher ist aktuell Dein meistgehörter Song?
Aktuell ist »Dye My Hair« von Alma mein Favorit.

Welche Musikrichtung hörst Du privat am meisten?
Eigentlich alles, was in den Charts gerade hoch und runter läuft. Außerdem habe ich in meiner Playlist auch Songs aus den Bereichen R ́n ́B und Hip Hop.

Wann hast Du den Entschluss gefasst, Radiomoderator zu werden?
Den Entschluss gefasst habe ich eigentlich nicht. Es hat sich einfach so ergeben. Alles fing mit einem Praktikum bei radio SAW an, das richtig Spaß gemacht hat. Das Praktikum konnte ich immer wieder verlängern und begann am Ende meiner Schulzeit mehr für den Sender zu arbeiten. Dann meinte unser Programmchef, dass ich doch eine Probesendung einsprechen solle. Als er das gehört hatte, fragte er, ob ich am Samstag Zeit hätte zu moderieren. Dann ging es ganz schnell und ich war regelmäßig auf Sendung.

Ich vergass das Mikrofon auszuschalten und habe dann bei dem Song (…) lautstark mitgesungen.

Als Radiomoderator kennen viele Leute Deine Stimme, aber kaum jemand von den Hörern weiß, wie Du aussiehst. Siehst Du es als Luxus an, auf der Straße nicht so häufig erkannt zu werden wie Kollegen, die beim Fernsehen arbeiten?
Vor meiner Zeit bei radio SAW kannte ich auch nur die Stimmen der Moderatoren. Man hat immer eine bestimmte Vorstellung, wie die Leute aussehen. Als ich zum ersten Mal im Funkhaus war, sah ich, welche Gesichter sich da hinter verbergen. Ich bin aber nicht so berühmt, dass die Leute unbedingt wissen wollen, wie ich aussehe. Angenommen es wäre so, würde ich das schon als Luxus ansehen. Ich finde es aber nicht wichtig, auf der Straße erkannt zu werden. Viel wichtiger ist es, den Hörern gute Unterhaltung zu bieten.

Wann moderierst Du hauptsächlich?
Hauptsächlich moderiere ich das Nachtjournal mit Schwerpunkt auf politischen Themen. Im Vergleich zum Tagesprogramm hat man da die Möglichkeit viel ausgiebiger über Sachverhalte zu sprechen.

Inter.Vista, Christoph Schödel, Foto: Tobias Barthel

Inter.Vista, Christoph Schödel, Foto: Tobias Barthel

Woher nimmst Du die Motivation, dann zu arbeiten wenn andere schon oder noch im Bett liegen?
Ich bin ein Nachtmensch. Wenn ich jeden Tag um halb vier aufstehen und zur Arbeit gehen müsste, hätte ich wahrscheinlich schlechte Laune. Von daher passt mir die Arbeitszeit ganz gut. Auch weil man nachts nicht den Tagestrubel um sich hat. Ich muss aber zugeben, dass es schwierig ist, abends von der Couch aufzustehen und zum Sender zu fahren.

Was hättest Du gemacht, wenn es mit dem Job beim Radio nicht geklappt hätte?
Es war immer mein Wunsch, Anwalt zu werden. Obwohl ich nicht gut in Mathe war, hatte ich nach meinem Abitur zu nächst Medienwirtschaft studiert. Da ich nach ein paar Semestern feststellte, dass das nicht mein Ding war, brach ich das Studium ab. Weil ich die juristischen Grundlagen aber so interessant fand, begann ich neben meiner Tätigkeit bei radio SAW ein Jurastudium an der Universität Hamburg.

Wie schaffst Du es, Studium und Radio unter einen Hut zu bringen?
Aktuell stehe ich kurz vor dem Examen. Als ich aber noch die normalen Vor­lesungszeiten hatte, fuhr ich Montag morgens nach Hamburg und kam am Freitagnachmittag wieder nach Magdeburg zurück, um dann am Wochenende beim Sender zu arbeiten. In den Semesterferien hatte ich ein bisschen mehr Freiraum. Aber es war schon stressig. Da ich aber das Hauptstudium hinter mir habe, liegt es jetzt an mir, wann ich mich hinsetze und für das Examen lerne.

In Deinem Steckbrief auf der Homepage des Senders steht, dass Dein schönster Moment bei radio SAW Deine erste Sendung war. Wann war das und welche Erinnerungen verbindest Du damit?
Das war die Sendung im Mai 2004, als mir der Programmchef eine Woche vorher Bescheid gab. Ich erinnere mich, dass ich die ganze Woche ins Funkhaus lief, um im B-Studio nochmal alles zu üben. Als ich dann an dem Tag ankam, war ichunglaublich nervös. Meine Eltern hatten noch kurz vorher angerufen und gesagt, dass sie zu Hause am Radio zuhören. Eine Kollegin, die vor mir auf Sendung war, bot mir an noch zu bleiben und zu helfen, falls etwas Unvorhergesehenes passieren sollte. Ich lehnte aber ab und sagte, dass ich das schon alleine schaffen würde. Nach der ersten Moderation rief mich Ingolf Kloss (Moderator bei radio SAW,Anm. d. red.) an und gratulierte mir, dass ich es ohne einen einzigen Versprecher hinbekommen hatte. Das war sehr cool.

Ich finde es nicht wichtig, auf der Strasse erkannt zu werden. Viel wichtiger ist es, den Hörern gute Unterhaltung zu bieten.

Abgesehen von Deiner ersten Sendung: Welche anderen interessanten Radiomomente hast Du in den vergangenen 13 Jahren erlebt?
Ganz oben auf der Liste steht ein Interview mit Ed Sheeran aus dem Jahr 2012. Damals war er bei Weitem noch nicht so bekannt wie heute. Als ich einmal während einer Nachtschicht die britischen Charts durchschaute, habe ich auf einer mittleren Platzierung sein Album entdeckt. Nachdem ich die CD durchgehört hatte, erzählte ich einem Kollegen von ihm und meinte, dass es super wäre, wenn wir ihn einmal als Gesprächsgast bekämen. Die Gelegenheit dazu ergab sich tatsächlich wenig später. Das war mein persönliches Highlight. Außerdem moderierte ich mal eine Silvesterschicht mit Marc Angerstein (ehemaliger Moderator bei radio SAW, Anm. d.red.). Es war sehr beindruckend, weil er wirklich Radio macht und mit den verschiedensten technischen Hilfsmitteln hantiert. Von ihm
konnte ich sehr viel lernen.

Auch beim Radio läuft nicht immer alles nach Plan. Welche Pannen sind Dir schon einmal passiert?
Zu der Zeit meiner ersten Sendung hatten wir fertige Stunden-Opener, die insgesamt 17 Sekunden lang waren. Von denen konnte man nach dem Start zwölf Sekunden reden, ehe nochmal das gesungene Logo von radio SAW kam. Darauf habe ich mich akribisch vorbereitet, um nicht zu lange zu sprechen. Ich wollte etwas über eine Aktion zum Kindertag erzählen, hatte einen Versprecher drin und merkte, dass es echt knapp wird. Dann habe ich natürlich über das Gesungene geredet. Das war ein Moment, in dem ich im Boden versinken wollte. Abgelöst hatte mich damals Holger Tapper (ehemaliger Moderator bei radio SAW, Anm. d. red.), der die Sendung auf dem Weg gehört hatte. Als er dann ins Studio kam, sagte ich, dass ich ganz schnell nach Hause will. Er fragte nach dem Grund und meinte, dass es eine super Sendung war. Eine zweite Panne passierte mir bei der Durchsage von Verkehrsmeldungen, als ich während eines Songs einen Falschfahrer als Sofortmeldung durchgesagt hatte. Ich vergaß, das Mikrofon auszuschalten und habe dann bei dem Song »Lonely no More« von Rob Thomas lautstark mitgesungen. Kurz danach kam eine Kollegin vom Verkehr ins Studio und meinte, dass gerade ein Hörer angerufen hatte und sagte, dass es zwar schön sei, dass der Moderator die Musik auch toll findet, er den Song aber lieber im Original höre. Das war mir ziemlich peinlich.

Anhand der Stimme merkt man direkt, ob der Moderator authentisch ist oder nicht.

Was fasziniert Dich am Radio?
Am Radio fasziniert mich vor allem die Schnelligkeit und Aktualität. Man kann sofort auf Ereignisse reagieren. Außerdem liebe ich Musik. Deswegen höre ich privat viel Radio. Generell kann man mit seiner Stimme sehr viel machen. Bei einem normalen Gespräch bekommt man das nicht mit. Wenn man aber eine Weile beim Radio arbeitet, lernt man, mit der Stimme zu arbeiten und sie den verschiedenen Situationen und Emotionen anzupassen. Anhand der Stimme merkt man direkt, ob der Moderator authentisch ist oder nicht.

Was machst Du in deiner Freizeit, wenn Du nicht gerade im Funkhaus arbeitest?
Ich gehe sehr gern auf den Tennisplatz. Wenn die Eltern das machen, will man das irgendwann auch spielen und besser sein. Ich bin froh, dass mein Vater mich damals zum Tennis mitnahm. Ich liebe es, mich beim Sport auszupowern. Leider ist die Zeit dafür sehr begrenzt. Außerdem treffe ich mich gern mit meinen Freunden und besuche Konzerte. In diesem Jahr haben wir uns vorgenommen, jeden Monat zu einem Konzert zu gehen.

Wann kamst Du zum ersten Mal nach Magdeburg?
In meinem Personalausweis steht zwar, dass ich in Sangerhausen geboren wurde, ich kam aber nach einer Woche mit meinen Eltern, die in Magdeburg wohnen, hierher. Ich bin also Magdeburger.

Was war der erste Eindruck von der Stadt, an den Du Dich erinnern kannst?
Ich erinnere mich, dass es in unserer Straße ziemlich finster aussah. Da bei uns eine Wendeschleife für Straßenbahnen war, fuhr auch immer eine quietschende Straßenbahn an unserem Haus vorbei.

Wenn Du hier schon länger wohnst, kannst Du sicher auch die Entwicklung der Stadt beurteilen. Wie hat sich Magdeburg in den letzten Jahren entwickelt?
Wahrscheinlich würde jetzt jeder einfach sagen, dass sich viel in der Stadtgetan hat. Zum Großteil stimmt das auch. Beispielsweise der Hasselbachplatz ist jetzt eine schöne Ecke von Magdeburg. Allgemein ist es eine sehr schöne Stadt geworden. Es könnte aber noch mehr gemacht werden, was zum Teil wohl an den öffentlichen Geldern scheitert. Auch an der Außenwirkung der Stadt müsste noch etwas verbessert werden. Aber Freunde von mir, die zum Studieren hierher kommen, sind begeistert von Magdeburg und es gefällt ihnen, dass hier alles ein wenig kleiner und aufgeräumter ist als beispielsweise in München. Das schätze ich ebenfalls sehr.

Inter.Vista, Christoph Schödel, Foto: Tobias Barthel

Inter.Vista, Christoph Schödel, Foto: Tobias Barthel

Die Gesellschaft in Sachsen­-Anhalt hat sich in den letzten Jahren verändert. Viele junge Menschen gingen in an­dere Teile Deutschlands, um dort zu studieren oder zu arbeiten. Was hat Dich dazu bewogen, hierzubleiben?
Hauptsächlich meine Familie und meine Freunde. Was so etwas angeht, tue ich mich mit Trennungen echt schwer. Natürlich hat mich auch mein Job bei radio SAW dazu bewogen hier in Sachsen-Anhalt zu bleiben. Wenn man so lange dabei ist, ist man mit viel Herz bei der Sache. Einen Platz in Deutschland, für den es sich lohnen würde Magdeburg zu verlassen, habe ich bis jetzt nicht gefunden. Obwohl ich sagen muss, dass mir Hamburg auch sehr gefällt.

Was möchtest Du in Zukunft unbedingt noch erreichen?
Ich möchte auf jeden Fall demnächst mein Examen in der Tasche haben. Ansonsten möchte ich möglichst viel von der Welt sehen. Vielleicht ergibt sich ja noch die Möglichkeit, nach dem Examen in der juristischen Schiene tätig zu sein. Mir würde aber der Moderationsjob fehlen. Ich lasse mich einfach überraschen, wohin die Reise geht.

März 2017
Interview aus INTER.VISTA 4

Vista.Schon?
Christoph Schödel, Jahrgang 1984, wurde zwar in Sangerhausen geboren, aber seine Eltern sind Magdeburger, weswegen er in der Domstadt aufwuchs. Nach dem Abitur studiert er Medienwirtschaft in Ilmenau. Seit 2004 arbeitet er bei radio SAW als Moderator. Daneben studiert er in Hamburg Jura mit Spezialisierung auf Medienrecht. Wenner gerade einmal nicht im Studio steht, ist er auf dem Tennisplatz unterwegs oder unternimmt viel mit Freunden und seiner Familie. Seine Lieblingsorte in Magdeburg sind die Südspitze des Rotehornparks und der Hasselbachplatz. Magdeburg beschreibt er als grün, gelassen und sehenswert.

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