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Bernd Heynemann

Er hat Fußball-Welt- und Europameisterschaften live auf dem Rasen erlebt, hitzige Diskussionen im Deutschen Bundestag geführt und engagiert sich seit langem im Stadtrat sowie im Landtag für die Belange Magdeburgs. CDU-Politiker Bernd Heynemann ist nicht nur in der AOK im Bereich »Strategische Markenführung« tätig, sondern hat auch schon anderweitig viel erlebt und gesehen. Wir haben nachgefragt: nach seinen Visionen für die Stadt Magdeburg, den Parallelen zwischen Fußball und Politik und ob bei so einem vollen Terminplan überhaupt noch Freizeit bleibt.

Interview und Fotos: Kim Sichert 

Sie waren früher Schiedsrichter, heute sind Sie politisch aktiv. Was ist anstrengender zu leiten? Ein Fußballspiel oder eine politische Diskussion?
Es war nicht so, dass erst das Eine und dann das Andere kam. Das lief schon parallel. Ich war seit 1999 Mitglied des Stadtrates und beendete erst 2001 meine aktive Schiedsrichterkarriere. Danach war ich noch im Bundestag aktiv und auch im Landtag. Als Schiedsrichter entscheidest du, gibst die Richtung vor und dann geht das Spiel weiter, innerhalb von kürzester Zeit. In der Politik dauert das immer, ehe überhaupt ein Thema platziert wird, ehe man Mehrheiten bekommt, ehe etwas umgesetzt wird. Das sieht man ja auch als Bürger, wenn man durch die Stadt geht, ob das jetzt der Tunnelbau oder der Brückenbau ist. Dass das so ewig dauert, ist eigentlich auch das Störende. Ich bin jemand, der schnell richtig und korrekt entscheidet.

Inwieweit sind die Fähigkeiten, die Sie als Schiedsrichter erworben haben, Ihnen heute in der Politik nützlich?
Wichtig ist auch in der Politik, dass man beharrlich sein Ziel verfolgt. Ausdauer. Du musst versuchen Entscheidungen herbeizuführen, dass nicht alles zerredet wird, sondern dass man wirklich zu konkreten Beschlüssen kommt.

Inter.Vista, Bernd Heynemann, Foto: Kim Sichert

Inter.Vista, Bernd Heynemann, Foto: Kim Sichert

Wie kam es zu Ihrer Karriere als Schiedsrichter?
Als Schiedsrichter ist man erstmal »Semiprofi«. Also man hat einen Beruf und ist nebenbei noch als Schiedsrichter aktiv. In meiner Jugend war ich viel auf dem Sportplatz und habe Fußball gespielt. Früher gab es wenige Schiedsrichter. Heute übrigens auch. Dann pfeifst du mal ein, zwei Spiele, weil sonst keiner will und dann sagt der Verein: »Jetzt hast du genug Spiele für uns gepfiffen, jetzt kannst du mal die Prüfung machen.« Und dann musst du dich entscheiden. Spieler oder Schiedsrichter? Ich entschied mich für das Zweite und das war richtig so.

Sie galten damals und auch heute noch als einer der besten Schiedsrichter der Liga. Der Kicker nannte sie 1998 den »besten Unparteiischen der Liga«. Was unterschied Ihre Art das Spiel zu leiten von anderen Schiedsrichtern?

Die Problematik ist ja damals wie heute die Gleiche. Wichtig ist, eine Kommunikation auf dem Feld mit den Spielern zu haben. Es heißt ja: wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Also wenn ich nur rumschreie und mit gelben oder roten Karten winke, kommt das natürlich nicht gut an. Ein Spieler will auch mal verstanden werden und deshalb ist das Amt des Schiedsrichters nicht auf den ›Richter‹ bezogen, sondern eher auf Kooperation.

Sie haben auch früher selber Fußball gespielt. Bei welchem Verein und welche Position?
Früher spielte ich bei der Fortuna, heute noch bei Alte Herren beim Polizeisportverein, beim PSV. Rechtsaußen oder Mittelstürmer.

Regen Sie sich auch manchmal über den Schiedsrichter auf oder haben Sie einen anderen Blick auf die Sache?
Man hat schon einen anderen Blick, nimmt sich bewusst zurück und diskutiert nicht über jedes Foul. Ich weiß ja wie schwer das ist. Ein »Richter« muss ja immer entscheiden – Pro oder Contra und einer ist immer verärgert. Die Entscheidungen der Schiedsrich
ter versuche ich also immer gelassen zu sehen. Ich habe auch noch nie eine gelbe oder rote Karte bekommen. (lacht)

»Es hat alles seinen tieferen Sinn. Ich bin gerne Magdeburger.«

Gibt es eine lustige Anekdote aus Ihrer Schiedsrichter-Zeit?
Also ich bin ja nicht als Schiedsrichter auf die Welt gekommen. Ich habe mich von der Kreisklasse in die Bezirksklasse und weiter nach oben vorgearbeitet. Wenn man als junger Mensch eine Schiedsrichter-Ansetzung hat, dann will ich die auch wahrnehmen – ist ja ein Spielauftrag. Ich musste einmal ein Spiel in der Altmark pfeifen und zu DDR-Zeiten hatte man ja nicht unbedingt ein Auto oder Telefon. Ich nahm also den Zug, bin aber zehn Kilometer zu weit gefahren. Aber wie komme ich zurück und rechtzeitig zum Spiel? Ich hielt dann einfach auf der Straße einen Bauern an, der gerade eine Sau zum Decken brachte und fuhr mit. Ich hing halb mit auf dem Schweinewagen, bin dann aber noch pünktlich angekommen. Heute ist das natürlich anders. Da hat sogar jeder Schiedsrichterassistent ein Auto.

 Verfolgen Sie die Spiele des 1. FCM?
Selbstverständlich, ich bin Ehren­mitglied und auch öfter im Stadion. Ich finde großartig, was für eine tolle Saison gespielt wurde. Aber wenn man sieht, was Würzburg geschafft hat, da wäre mit mehr Konzentration vielleicht auch mehr drin gewesen. Man hat ja richtig gemerkt, wie die Luft raus war, als der Klassenerhalt durch war. Man hätte den Durchmarsch sonst echt packen können.

Wo sehen Sie den Verein in fünf Jahren?
Man muss ja immer vorsichtig sein. Im Fußball kann man vieles planen, aber nicht alles. Der Verein ist auf einem guten Weg, sie sind gut aufgestellt. Nicht nur finanziell, sondern auch hinsichtlich des Managements, des Trainers und der Mannschaft. Die Saison wurde gut abgeschlossen, wir sind für den DFB-Pokal qualifiziert und ich denke, in den nächsten drei Jahren werden wir auch in die zweite Liga aufsteigen. Dann muss man erstmal einen Punkt machen. Champions League und so was wäre schon ziemlich weit hergeholt. (lacht)

Wie sieht es aus mit anderen Sportarten im Magdeburg? Was verfolgen Sie da?
Beim Handball bin ich öfter. Mit Bennet Wiegert gibt’s da jetzt auch einen Trainer, der die Region hier versteht. Deshalb bin ich mir sicher, dass der SC Magdeburg innerhalb der nächsten drei Jahre auch in der Handball-Bundesliga wieder unter den ersten fünf stehen wird.

Bei welchen Sportarten sehen Sie in Magdeburg noch Handlungspotential?
Basketball ist sicherlich so ein Thema. Ich kenne auch die Protagonisten, die versucht haben, den Basketball hier in Magdeburg zu etablieren. Zum Beispiel mit der Gieseler-Halle. Aber dann hat es im Management, bei den Finanzen nicht gestimmt. Die Zuschauerresonanz fehlte. Das war ein Projekt, aber man hätte sich mehr Zeit geben können. Ich denke, das steht jetzt auf tönernen Füßen.

Würden Sie Magdeburg allgemein als Sportstadt beschreiben?
Magdeburg ist auf jeden Fall eine Sportstadt. Wir haben ja nicht nur Handball und Fußball zu bieten, sondern sogar einen Olympia-Stützpunkt.

Sind Sie selber, abgesehen von Fußball, noch sportlich aktiv?
Ich spiele noch Golf, bei den GoFus, das sind die golfspielenden ehemalige Fußballer. Wir veranstalten weltweit Turniere und das eingenommene Geld wird in Bolzplätze investiert. Echt eine schöne Sache.

Sie absolvierten Schule und Studium in Magdeburg, sind jetzt auch beruflich hier aktiv. Waren Sie jemals länger von dieser Stadt getrennt?
Länger als vier Wochen war ich nie weg von hier. Nicht einmal während meiner Zeit im Bundestag.

Warum ist das so? Was macht diese Stadt für Sie so sehr aus?
Als junger Mensch nimmt man sich viel vor. Ich wollte damals nach Dresden, das klappte leider nicht. Sportlich hatte ich auch ein paar Angebote, auch im Fußballmanagement, aber das zerschlug sich alles. Bei einem günstigen Angebot hätte ich die Stadt schon verlassen. Aber, es hat alles seinen tieferen Sinn. Ich bin gerne Magdeburger.

Auf der Webseite der CDU/CSU werden Sie mit dem Satz zitiert »Die Stadt Magdeburg hat ein national und international schlechtes Image«. Wie würden Sie das Image der Stadt beschreiben?
Das ist schon ein paar Jahre her. Aber denken Sie daran, wie Anfang der neunziger Jahre hier beispielsweise zum Herrentag Ausländer durch die Stadt gejagt wurden. Das ist natürlich ein schlechtes Image. Ich denke Magdeburg hat sich als Stadt positiv entwickelt – was Arbeitsplätze, Urbanität und Grünflächen betrifft. Wir haben auch einige Großprojekte und natürlich das Sport-Image. Diesen Satz würde ich heute nicht mehr unterschreiben. In den Neunzigern war das anders. Man kann also mit den Wölfen heulen oder man betritt selbst die Bühne. Das war auch mein Ansatz. Ich möchte aktiv werden und bin deshalb Kommunalpolitiker geworden.

Inter.Vista, Bernd Heynemann, Foto: Kim Sichert

Inter.Vista, Bernd Heynemann, Foto: Kim Sichert

Was haben Sie selber in Magdeburg schon explizit bewegt?
Einer allein kann überhaupt nichts bewegen. Politik ist wie Fußball eine Mannschaftssportart. Einer allein wird nie Weltmeister, es sind immer elf Mann. Meine Vision ist immer noch die dritte Elbquerung im Süden der Stadt. Eine Brücke. Dafür kämpfe ich schon seit 15 Jahren. Dann stellt sich immer die Frage nach Verbündeten und wie man das finanziert. Das ist wirklich eine Vision von mir. Natürlich versuche ich auch viel für den Sport zu machen. Ich bin auch Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Schule und Sport der Stadt Magdeburg, der unter anderem den Olympiastützpunkt, dessen Rahmenbedingungen sowie den Breitensport betrifft.

Was ist für Sie der schönste Ort in Magdeburg?
Zu Hause. (lacht)

Haben Sie Ihre Frau auch hier in Magdeburg kennengelernt?
Ja, und zwar genau hier in der AOK.

Wie verbringen Sie ihre Freizeit in Magdeburg?
Also der Terminplan ist jede Woche gut gefüllt. Viele Termine der Stadt, auch Parteitermine und so etwas. Dann spiele ich selbst noch Fußball. Es ist nicht so, dass ich mich irgendwo mit ’nem Zigarillo ins Grüne setze. Höchstens zu Hause mal auf der Terrasse.

Interview aus INTER.VISTA 2

Vista.schon?
Bernd Reinhold Gerhard Heynemann wurde 1954 in Magdeburg geboren. Von 1980 bis 2001 war er sowohl in der DDR-Oberliga als auch in der Bundesliga als Schiedsrichter aktiv. Er pfiff zudem Spiele der Fußball-EM 1996 und der WM 1998. Noch bis 2001 wurde er als Schiedsrichterbeobachter auf nationaler und internationaler Ebene eingesetzt. 1997 trat er der CDU bei und ist seit 1999 Mitglied des Magdeburger Stadtrats. von 2002 bis 2009 war er zudem Mitglied des deutschen Bundestags. Seine Heimatstadt beschreibt er als interessant und lebenswert. Magdeburg habe eine große Perspektive.

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